Übersetzungen

von Otto und Eva Schönberger

Vegius: Über die denkwürdigen Altertümer der Basilika des heiligen Petrus zu Rom


Erstes Buch

Von der hohen Würde und Bedeutung der Basilika des Heiligen Petrus wie auch über die großen und ehrenvollen ihr gewidmeten Zuwendungen.

1. Es war mir stets eine große Herzensfreude und Erquickung, wenn ich die Schriften anderer Männer über die zahlreichen Altertümer in der Basilika des Heiligen Petrus zu Rom las. Und weil mir diese Dinge herrlich und denkwürdig erschienen, meinte ich, recht zu handeln, wenn ich manches besonders Würdige zusammenfaßte und schriftlich niederlegte, damit vieles,was bereits durch Unachtsamkeit zugrunde ging, wieder bekannt würde und bei allen Liebe und Verehrung gemehrt würden, wenn sie die hohe Würde und Erhabenheit dieser Basilika genauer kennen lernten. Und als ich alle diese bedeutenden Dinge betrachtete, erschienen mir ihre Gestalt und Hoheit wie auch die Fülle der überall begegnenden Ereignisse so mächtig, dass in Rom nichts Wichtiges und Großes geschehen konnte, worauf diese Kirche beinahe stets nach Ort und Rang Anspruch erheben durfte. Auch scheint ihre Würde dadurch sichtbar erhöht zu werden, dass alle ruhmvollen, herausragenden Vorgänge in Roms Geschichte bei ihr geschahen; diese werden sich in ihrer Fülle und Größe weiter unten zeigen, wenn ich nun über die denkwürdigen Altertümer der Basilika Sankt Peter (wie oben im Titel angezeigt) zu reden beginne. Man könnte freilich zutreffend behaupten, hier sei – neben dem genannten Ziel – geradezu der Stoff für eine Römische Geschichte aufgegriffen.

2. Zuneigung nun, ja Verehrung für diese Kirche war bei allen Päpsten und hohen Herrschern ungemein groß. Dazu gehört, was sie ihrethalben schufen, Altäre, Kirchen, Grabstätten, Häuser, Paläste, Bäder, Bildsäulen, Stadtmauern, auch Schmuck, Fußböden, Dächer, Gemälde, getriebene Bilder, Marmorwände, weiter alles, was der Kirche darüber hinaus gestiftet wurde, sei es Seide, Erz, Silber oder Gold (all dies wird im weiteren mit den Spendern angeführt); es scheint, wenn man es aufzählt, kein Ende zu finden. So groß also war die Verehrung. Allerdings gab es bei St. Peter kein Haus, in dem die Päpste wohnen konnten (die Kirche lag ja außerhalb der Stadt an einem wenig geeigneten und nicht ganz sicheren Ort). Wenn die Päpste nun auch im Lateran wohnten (nicht sehr bequem und sicher, freilich aber prächtig), so begaben sie sich doch, wenn sie Großes, Feierliches, Festliches, Denkwürdiges begehen wollten, geleitet vom ganzen Klerus und allem Volk, nach St. Peter, ganz als ob sie glaubten, jegliche Handlung, die ihnen pflichtgemäß oblag, könne nur in dieser Basilika rechte Wirkung tun.

3. Daher wurde dort jene heilige Messe, die man die Große nannte, immer sogleich vom neu gewählten Papst gefeiert; sodann erfolgte das öffentliche und schriftlich festgehaltene Bekenntnis des heiligen Glaubens, ebenso die Rede des Gewählten an alle christlichen Völker, weiterhin die Weihe des Papstes zusamt der Krönung (auch Könige und Kaiser wurden dort gekrönt). Weiter wurden hier verstorbene Päpste feierlich und ehrenvoll bestattet,. Zudem fanden dort Konzilien zu wichtigen Fragen der heiligen Kirche statt sowie feierliche öffentliche Fürbitten und Litaneien. Hier wurden auch die Pallien geweiht, und es werden sich weitere bedeutende und höchst prächtige Feierlichkeiten zeigen, die wir weiter unten an verschiedenen Orten beschreiben. Damit aber diese Feiern größere und höhere Bedeutung erhielten, beschlossen jene weisen und höchsten Väter, sie am besten dort abzuhalten, wo der höchste und heiligste Apostelfürst Petrus ruht, das Haupt der ganzen Christenheit, weshalb ihm auch diese heilige Basilika mit vollem Recht geweiht wurde, damit sie alle übrigen Kirchen durch Ruhm und Ansehen wie auch durch hohe Ehren und Privilegien weit übertreffe.

Erstes Kapitel

Vom Gründer der Basilika Sankt Peter, Kaiser Constantin. Auch von Art und Methode der Geschichtsschreibung, ebenso von der wunderbaren Erscheinung des Heiligen Kreuzes, durch die Constantin selbst zum Glauben an Christus berufen wurde.

(4.) Man muss wissen, dass diese mit Recht so bedeutende und große Kirche ursprünglich von Kaiser Constantin erbaut wurde. Dies ist zwar schon überall bekannt, doch bezeugen es deutlich auch folgende Verse, die am großen Triumphbogen eingeschrieben sind:

Weil sich, geführt von dir, die Welt zu den Sternen emporhob,
baute Constantin, der Sieger, dir diesen Wohnsitz.

Die Buchstaben sind dort schon alt und, wie ich sagen möchte, zerfallen, doch verweisen sie wohl sicher und eindeutig nur auf die Zeit Constantins, in der sie dort angebracht wurden. An einem weiteren Bogen der Apsis über dem Hochaltar finden sich noch andere Buchstaben, die als nicht ganz sicher gelten und auch stark verwittert sind. Doch aus den wenigen, gerade noch lesbaren lassen sich, wenn auch nicht vollständig, folgende Worte erkennen: „...von Constantin, nach Sühnung eines feindlichen Einfalls.“

5. Es fügt sich aber gut zu unserem gegenwärtigen Vorhaben, zu erfahren, auf welchen Wink Gottes und durch welche Wirkung des Heiligen Geistes <Constantin> so gehandelt hat. Schließlich waren alle römischen Kaiser vor ihm Heiden, mit Ausnahme des Philippus, der jedoch nichts für den Christlichen Glauben tat, und auch Constantin selbst war bekanntlich Heide. Sollten wir nämlich etwa behaupten, Constantin sei vor der grausamen Kur eines Bades im Blut von Knaben zurückgeschreckt, die ihm die Priester vom Capitol zur Heilung einer leprösen Krankheit anrieten? Und wollten wir weiter sagen, ihm seien die heiligen Apostel Petrus und Paulus im Traum erschienen, die ihn dazu aufriefen, den christlichen Glauben anzunehmen, und ihn zugleich von seiner entstellenden Krankheit heilten (was man allgemein erzählt), dann ist dies wirklich nur eine <verwerfliche> Legende und stützt sich auf keine verbürgte Überlieferung. Es sähe ja so aus, als ob wir christlichen Priester am Ende auch nicht mehr zustande brächten als unbedarfte Klippschullehrer, die alte Ausdrücke, die sie nicht begreifen, verwerfen und verspotten und dafür neue, andere, noch nie gehörte Wortungetüme hinstellen.

6. Da aber die Beweise des christlichen Glaubens so stark und glänzend sind, und da uns von früheren gebildeten und heiligen Autoren so wunderbare Überlieferungen dafür hinterlassen wurden, muss es uns merkwürdig vorkommen, dass es eine so unbelehrbare Menschenart und ein so barbarisches Volk gibt, das man nicht leicht dazu bringen kann, Christus als wahren Gott zu erkennen. Es erhoben sich ja törichte und höchst ungebildete Menschen, die hohle und gänzlich fade Altweibergeschichten ersannen, die sich weder an Bildung noch an Würde noch an Wissen noch an Zuverlässigkeit des Berichtes noch durch die geringste Anmutung göttlichen Geistes mit den erwähnten, wahren Überlieferungen vergleichen lassen. Dieses Zeug, das zudem Häretiker erfanden, beklagen viele (und zwar Gebildete), vor allen aber Hieronymus und Augustinus mit bitteren Worten. Besonders hier, wo wir das Amt eines Historikers ausüben, müssen wir uns bewußt machen, dass wir zu besserer Kenntnis der zahllosen Gegenstände, die wir nachher berichten, nicht alles schriftlich Vorliegende durchwegs annehmen dürfen. Nein, hier braucht es überlegenes und scharfes Urteil zur Unterscheidung der Überlieferungen, Einsicht in die Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit, Kenntnis oder Glaubwürdigkeit der Autoren.

7. Alle Wissenschaften und Handwerke haben ja ihre eigenen Fachleute, die darin erfahren und erprobt sind; nur Theologen treiben die Theologie, nur Philosophen die Philosophie, nur Dialektiker die Dialektik und nur Juristen die Rechtswissenschaft (um andere schöne Künste zu übergehen). Lediglich zwei Künste sehen wir Tag um Tag von den ahnungslosesten und untauglichsten Leuten ausgeübt, die mit plumper Hand zugreifen und sich diese Künste durch irgend ein Verhängnis anmaßen, und diese Künste sind die Medizin und die Historie. Man sieht ja keinen Bauern oder Gastwirt oder Marktschreier oder Quacksalber oder sogar das geringste Weib, die nicht immer irgendwelche Rezepte zur Hand haben, mit denen sie jedermann gute Gesundheit versprechen. Ebenso bietet sich natürlich ein ganzer Haufe solchen Gesindels an, der über ein heiliges oder profanes Ereignis mitreden will; es sind Leute, denen es an Wissen, Sprachvermögen, Zuverlässigkeit, gesundem Urteil und an der Gnade rechter Gesinnung gänzlich fehlt. Und was jeder sich einfallen ließ, um seinen Worten höhere Würde zu verleihen oder mehr Geld einzustreichen oder um seinem Leichtsinn, der Ehrsucht, der Schmeichelei oder der Zuneigung oder dem Haß zu frönen, all dies behauptet er kühn, als ob er Augenzeuge gewesen sei, und so gibt es kaum noch einen Seemann, Gastwirt, Barbier oder einen Spaßmacher oder Schwätzer und kein altes Weib, die nicht höchst verwegen irgend ein Großereignis daher erzählen.

8. Davon kommt es auch, dass gerade in diesen beiden Wissenschaften mehr Irrtümer vorkommen als in allen anderen, weil mehr Leute, zumal Unbedarfte, sich anmaßen, sie auszuüben und zu lehren, wo man doch keine Wissenschaft sorgsamer, keine ehrlicher, keine getreuer ausüben muß als eben diese beiden. Beide schützen ja das menschliche Leben in besonderer Weise; die eine widmet sich den wenigen Jahren, die wir leben, die andere all den Jahrhunderten, in denen die Menschheit lebte. Die eine sorgt für langes Leben, die andere für Fortdauer aller Epochen, die eine leistet Hilfe, die irgendwann ihr Ende findet, die andere Hilfe, die alle Zeiten andauert. Durch die eine wird ja das Leben unserer Leiber erhalten, durch die andere das Fortleben aller Jahrhunderte, die jemals da waren. Wenn man diese Künste nachlässig und ohne Fachkenntnis anwendet, müssen beide höchster Gefahr unterliegen.

9. Dabei muss man festhalten, dass einer, der Geschichte schreiben will, ein gelehrter und zugleich rechtschaffener Mann sein muss. Gelehrt aber nenne ich jemand, der in den höheren Wissenschaften vorzüglich und vollkommen ausgebildet ist und der vieles in Bezug auf Sitten, Natur, Menschenleben, zeitliche und örtliche Umstände gesehen und sorgsam geprüft hat. Er macht es nicht wie manche Theologen oder Juristen, die keine andere Wissenschaft kennen als jene, die sie studiert haben, und die doch oft vieles Historische in ihre Schriften einfügten; zwar verstanden sie nur wenig von Historie, meinten jedoch, sie in gleicher Weise zu beherrschen, wie sonst die größten Feinheiten der Beweisführung in ihren eigenen Fächern. So gerieten sie auf den Holzweg und überlieferten manchmal vieles, was weit von der Wahrheit abwich, irrten selbst und verführten viele, die ihnen folgten, zum Irrtum. Wären sie so wie Augustinus und Hieronymus und die meisten anderen hervorragenden heiligen Theologen und wären sie so, wie Scaevola und Ulpianus und andere berühmte Rechtsgelehrte der Antike in allen schönen Künsten und Wissenschaften bewandert gewesen, dann hätten sie ganz wie jene, deren Aussprüche höchstes Ansehen genießen, eine besser begründete und verläßlichere wissenschaftliche Grundlage ihrer Schriften erlangen können.

10. Daher also muss ein Historiker, wie gesagt, ein Wissenschaftler sein und gewiß, wie ausgeführt, auch von redlicher Art, und er soll nur schreiben, was wirklich geschah, darf auch nichts hinzufügen, weglassen oder erfinden, um seiner Darstellung höhere Würde und Geltung zu verschaffen. Er darf auch (verführt durch böse oder verkehrte Neigung) nichts überliefern, was nicht der Wahrheit voll entspricht, und dies tun, wie wir oben behaupteten, viele. Schwer nämlich sündigt, wer schamlos Charaktere anders schildert, als seine Pflicht ist, weil es um hochmächtige Personen geht; es sündigt auch, wer Zeiten falsch angibt, weil alte Zeiten höhere Würde verleihen, ebenso, wenn jemand andere Orte nimmt, weil ihre Lage stärkeren Glanz erzeugt. Schwer sündigt, sage ich auch, jeder, der ohne Scham hinschreibt, was niemals geschah, und dies, um Mißerfolge seiner Partei abzuschwächen oder um sein Land und seine Familie zu erheben, andere aber herabzusetzen. Wiederum sündigt, wer seine Partei erhöht, die Gegenpartei aber zugleich schlecht macht, oder wer gar die Lektüre seiner Schrift möglichst angenehm und anziehend machen will und deshalb die Emotionen der Leser stärker anfacht; schließlich auch, wer, sonst unwissend, den Anschein besserer Kenntnis und Einsicht erwecken will.

11. Zur Zahl solcher <Fälscher> gehörten viele, hauptsächlich aber Häretiker, wie wir oben schon auf Grund ihrer Verurteilung durch Augustinus und Hieronymus darlegten. Solche Leute waren weder anständig noch kundig und erfanden natürlich unzählige Lügengeschichten; sie wollten den Sinn der Menschen durch solche Reize, gleichsam Gifte, umso leichter der von ihnen geleugneten Wahrheit des Evangeliums entfremden. Auf diese Weise köderten sie den Sinn des ungebildeten Volkes, und deshalb kann man auch viele mittelmäßig Gebildete kaum davon überzeugen, dass jene nur leeres Zeug reden. So wird aus dem, was Hieronymus in seiner Schrift „Über die Aufnahme der Heiligen Jungfrau in den Himmel“ berichtet, eben keine unwahre Legende über ihre „Himmelfahrt.“ Hieronymus billigt jene Legende, weil sie unbewiesen ist, keineswegs, berichtet aber, viele Gläubige der lateinischen Kirche hätten sie trotzdem in frommer Liebe als begeisterte Leser ganz ins Herz geschlossen.

12. Wir können aber durch kein schlagenderes Indiz erkennen, welche Werke wir ablehnen müssen, als wenn Gewißheit über den Namen des Autors fehlt. Daher spricht man auch von bloßen Legenden, wie es die eben erwähnte Erzählung von der „Himmelfahrt“ der Heiligen Jungfrau ist. Es gibt aber noch weitere Schriften, bei denen der Name irgend eines Heiligen fälschlich vorangesetzt wurde. Zwar lassen sich viele davon täuschen, doch erkennen hoch Gebildete, einer Art von Gespür folgend, sehr wohl auch sonstige Werke <als falsch>, wenn der Name des Urhebers fehlt. Von gleicher Art nun ist auch eben jene Nachricht, wegen der es wohl nicht unnütz oder unpassend ist, so viel vorausgeschickt zu haben, ich meine die erwähnte Erscheinung der Heiligen Petrus und Paulus, darf ich doch behaupten, dass auch sie durch keinen Gewährsmann gestützt ist. Für jetzt aber werde ich wohl das Rechte tun, wenn ich darlege, dass Constantin durch eine gänzlich andere und erhabenere Vision von Gott berufen wurde, und hier ist der Gewährsmann weder ungewiß noch unglaubhaft.

13. Eusebius von Caesarea nämlich, der gelehrteste und bewährteste Historiker der Kirche, berichtet in seinem achten Buch folgendes: Constantin rüstete gegen Maxentius, den Tyrannen der Stadt Rom, zum Krieg und führte sein Heer gegen ihn. Als er nun beim Marsch besorgt über den Ausgang der bevorstehenden Schlacht grübelte, die Augen oft zum Himmel erhob und sich von dort göttliche Hilfe erbat, da habe er, wie schlaftrunken, am östlichen Himmel das Zeichen des Kreuzes, strahlend in feurigem Glanz, erblickt, und als er bei diesem Anblick erschrak und durch das noch nie gesehene Bild in Verwirrung geriet, da meinte er, Engel seien zu ihm hingetreten und hätten gesagt: „Constantin, in diesem <Zeichen> siege!“ Darüber sei er froh geworden, habe den Sieg schon als sicher angesehen und habe sich das Zeichen des Kreuzes, das er am Himmel erblickt hatte, auf der Stirn nachgezeichnet. So sei er vom Himmel zum Glauben hingeführt worden, nicht anders als jener, zu dem einst ähnlich vom Himmel gesprochen wurde: „Saul, Saul, weshalb verfolgst du mich? Ich bin Jesus von Nazareth.“

14. Sodann habe Constantin eben dieses Zeichen auf die Feldzeichen übertragen und habe die Standarte, die vor allem Verehrung genoß und das eigentliche Zeichen der Herrscher war, nach dem Vorbild des Kreuzes unseres Herrn gestalten lassen, habe auch in seiner Rechten Christi Kreuz in goldener Arbeit getragen. So sei er, gerüstet mit Waffen und Fahnen der heiligen Religion, gegen das Heer der Ruchlosen gezogen und habe mit der Hilfe jenes, dessen Zeichen er gesehen, den Sieg glücklich gewonnen. Sodann habe dieser beste und von Gott besonders geliebte Kaiser Constantin alle Völker befriedet und, eingedenk so herrlicher Wohltaten Gottes, dem Heiligen Petrus jene von hundert edlen Marmorsäulen getragene Basilika erbaut, von der wir sprechen. Er zeigte durch diese Benennung nach Petrus, den Gott über alle Kirchen der Welt setzte, dass diese Basilika durchaus und besonders vor allen übrigen Kirchen zu ehren sei und dass sie auch bei der Nachwelt am höchsten geehrt und verehrt werden solle.

Zweites Kapitel

Von der Freude des gläubigen Volkes über die Errichtung der Basilika des Heiligen Petrus und über die von Constantin jedermann erteilte Erlaubnis, weitere Kirchen zu bauen. Auch von der Einweihung der Basilika selbst durch den heiligen Papst Silvester und den damit verbundenen Ablaß.

(15.) Es hätte sich gelohnt zu sehen, wie alle gläubigen Menschen allerorts jubelten und Gott lobten, und dies nicht nur wegen des Baues der Basilika, sondern auch, weil der Kaiser ein Gesetz erlassen hatte, das allen Christusgläubigen erlaubte, den wahren Gott offen zu verehren, und zugleich jedem freistellte, Altäre und Kirchen zu bauen, wo er nur wolle. Wie nämlich Eusebius im erwähnten Buch, seiner Kirchengeschichte, sagt, „waren alle voller Freude, die wie ein Gottesgeschenk über sie kam, besonders wenn sie jene Orte sahen, die noch kurz zuvor durch die gottlosen Ränke der Tyrannen verwüstet waren. Nun aber lebten sie wieder auf und stiegen schöner und höher empor, und man errichtete nun ragende Tempel auch für unbedeutende kleine Gemeinden. Die Gunst der christlichen Kaiser wirkte ja fördernd und belebte durch Religionsedikte die freudige Stimmung der Unseren, da die Herrscher vielfach persönlich an die Bischöfe schrieben, die Priester höchster Verehrung würdigten, aber auch freigebig Kostenbeiträge leisteten.

16. In dieser Zeit wurden auch von den Unseren oft und mit vieler Freude und Jubel Feste gefeiert; in Städten und Einzelorten beging man die Einweihung von Gotteshäusern, und Priester versammelten sich. Auch ließen es sich weiter entfernt Wohnende nicht verdrießen, herbeizueilen, erschien doch der Liebe kein Weg zu weit. Zudem trafen sich Gemeinden mit Gemeinden und genossen es, als wahrhafte Glieder des einen Körpers Christi sich zu vereinen und zu verbinden“. Sodann fährt <Eusebius> fort: „Bei so aufrichtiger Zuneigung nahm die Glorie der Kirchen vor Gott und Menschen zu, und es entstand ein Abbild des Himmels auf Erden. Auch zeigte sich Kaiser Constantin über all dies hoch erfreut, nahm Tag um Tag an Glaube und Gottesfurcht zu und wurde von höchster Freude über die Fortschritte der Kirchen erfüllt. Zudem glaubte er, den Priestern Gottes nicht genug zu tun, wenn er sich ihnen nur gleich stellte, nein, er stellte sie weit über sich und verehrte sie sozusagen als gegenwärtige Vertreter der Gottheit.“

17. Und danach fährt Eusebius fort: „Es klingt aber unglaublich, wie sich der Glanz der Kirchen durch den Eifer des frommen Kaisers mehrte, und wie er sich um Aufwendungen für Bedürftige bemühte. Sein Geist nämlich, der im Glauben an Gott glühte, und sein wohltätiges und mildes Wesen hatten Freude an guten Werken, und so sehr herrschten Wohlsein und Ruhe des gegenwärtigen Zustandes vor, dass man die vergangenen Übel vergessen konnte. Constantin hob nämlich durch mehrfache, allerorts angeschlagene Edikte nicht nur die Gesetze der Tyrannen gegen die Christen auf und gab den Christen das Bürgerrecht zurück, sondern er spendete den Kirchen auch zahlreiche Privilegien und erwies den Priestern hohe Ehren.“

18. Dies und manches andere solcher Art, was wir der Kürze halber weglassen, berichtet Eusebius, und man möchte sich wundern, dass er kein Wort über eine von Constantin errichtete Basilika verliert. Noch mehr aber verwundert es, dass er auch den heiligen Papst überhaupt nicht erwähnt. Es wäre doch wenig wahrscheinlich, und niemand wird daran zweifeln, dass der Papst, das Oberhaupt der Kirche, bei einer – wie geschildert – so großen Glorie und Erhebung der Kirchen, einer solchen Hochstimmung aller gläubigen Gemeinden und vor allem auch der Priester und Bischöfe stets an erster Stelle hervortrat. Silvester nahm ja gewiß vor allen anderen an jeglicher Ehrung teil, die der christlichen Religion galt. So wird man sowohl für die Weglassung des Papstnamens volles Verständnis haben wie auch für die Nichterwähnung der von Constantin erbauten Kirchen. Der große Gelehrte <Eusebius> dachte wohl, er habe seine Aufgabe ganz erfüllt, wenn er Constantins ausnehmende Verdienste um die Erhöhung des christlichen Glaubens hervorhob, jedoch mit einer nur allgemeinen Erwähnung alles zusammenfaßte, was zu sagen war, dabei aber vieles überging, was alle wußten, worunter er das verstand, was wir eben anführten.

19. Constantin ließ also die Basilika des Heiligen Petrus erbauen, und nun, da er allen Christen Frieden und Ruhe zurückgegeben und der ganzen Katholischen Kirche Sicherheit gewährt hatte, kehrte der Heilige Silvester vom Berg Soracte nach Rom zurück; dort hatte er sich nämlich aus Furcht vor den heidnischen Kaisern verborgen gehalten. Nun aber fühlte er sich sicher, war guten Mutes und weihte die St. Peterskirche und eine weitere, die des Heiligen Paulus, und zwar am 18. November. Dabei geleiteten ihn viele Bischöfe, die sich zu diesem Anlaß versammelt hatten; auch der gesamte Klerus jubelte und sang Gottes Lob, ebenso alles gläubige Volk. Vor allen war Kaiser Constantin dabei, freute sich und erwies <dem Papst> höchste Ehren; auch war die Einweihung deshalb so erfreulich, weil sie nun in aller Öffentlichkeit und Freiheit stattfand. Zuvor nämlich fanden solche heiligen Feiern aus Furcht vor den Kaisern immer nur in Privathäusern und heimlich statt.

20. Damit nun mit dem Fortschritt der Hochstimmung bei allen Menschen noch größere Freude herrschte, gewährte <Silvester>, wie wir in alten Quellen lesen, einen Ablaß der Sünden. Dieser galt auf Dauer für alle, die reuig und nach einer Beichte <zur Basilika> kamen; jährlich wiederholt jedoch galt er am Festtag selbst und bis zur Octav. Römern aber und weiteren Anwohnern in der Nachbarschaft wurde er für ein Jahr gewährt, Einwohnern Italiens aber für zwei Jahre und Pilgern aus entfernteren Vaterländern jenseits des Meeres und der Berge für drei Jahre. Damals waren nämlich die Päpste noch nicht so freigebig, wie sie es heute bei Erweiterung der Ablaßgnaden sind, und nicht so verschwenderisch mit den kostbarsten himmlischen Schätzen.

Drittes Kapitel

Über den Circus von Gaius und Nero, wo heute die Basilika des Heiligen Petrus steht; auch über die abscheulichen Spiele und Ausschweifungen Neros und von der Begünstigung der Religion durch Constantin; dessen Tugendhaftigkeit.

(21.) Nun können wir nicht genug Gottes höchste Güte und Weisheit bewundern und preisen, denn er hat einen Ort, an dem die Lockungen aller Lüste, jegliches Verbrechen und die schrecklichsten Untaten stattfanden, unter völliger Verkehrung der Zustände zu einem Port jeder Tugend, zur Stütze aller Religion und jeglicher Sittenreinheit machen wollen. Wo nämlich heute die Basilika des Heiligen Petrus steht, war einst der Circus von Gaius und Nero, und von diesem <Circus> sind die Reste noch zum großen Teil erhalten, dort, wo die gottlosen und unzüchtigen Kaiser nichts versäumten, um ihre rasenden Begierden und die unnatürliche Grausamkeit zu befriedigen. Besonders Nero war es, der als erster die Christen verfolgte und ihnen so grausame und harte Folter- und Todesarten auferlegte, ja sich sogar selbst im Kostüm eines Wagenlenkers unter die übrigen Henkersknechte mischte. Daher schreibt Seneca, ein Heide zwar, jedoch ein anständiger Mensch, an den Apostel Paulus und äußert sein Mitgefühl, weil so viele unschuldige Christen hingerichtet wurden, wobei er sagt, für das Volk sei dies schwer erträglich und für ihn höchst schmerzlich. Auch betont Cornelius Tacitus, der Christi heiligen Namen gemein und schamlos herabsetzt, daß sogar seine Landsleute, eigentlich Todfeinde der Christen, deren schreckliches und bejammernswertes Los wegen der grausamen und furchtbaren Strafen höchlich beklagt hätten.

22. Wir wollen hier, wenn wir etwas weiter von unserem Ziel, einer Beschreibung der Altertümer der Basilika St. Peter abschweifen dürfen, schärfer reden, indem wir auch die Raserei jener Zeiten anprangern und Verschwendung und Dünkel des damaligen Kaisers <Nero> verurteilen. Und wenn dies auch nicht zur Aufgabe eines Historikers gehört, so dient es doch der Erhöhung des Apostels Petrus. Auch wird es Lesern, die davon hören wollen, höchst nützlich sein, Petri Lob zu vernehmen, zu dessen Preis wir hier abschweifen. Dieses Lob wird nun ausführlich, gewiß auch besser, angemessener und in größerer Fülle im Stil einer Preisrede entfaltet.

23. Je unwürdiger und abscheulicher nämlich die rasenden Lüste sich zeigen, denen römische Kaiser dort frönten, desto heller und entschiedener wird dagegen die Glorie der Frömmigkeit und Reinheit hervortreten, die nachmals unter dem Heiligen Petrus <dort> erstrahlte. So völlig anders war der moralische Zustand in jenen Zeiten und so groß der dann eintretende Wechsel, ganz wie die Wandlung von Mist in Gold oder Finsternis in Licht. So kann man mit vollem Recht behaupten, der Vatikan-Hügel sei heute in vielem erfreulicher durch den Bau der heiligen Basilika als damals durch die Errichtung des fluchwürdigen Circus, glücklicher heute auch durch die Andacht der Psalmen singenden Priester und der zu Gott jubelnden Christen im Gegensatz zu den streitenden Wagenlenkern von damals und dem wilden Beifallsgeschrei der Volksmenge. Gewiß ertönt dort heute viel würdiger das Lob Gottes als damals eifernder Beifall; heute hört man dort Lieder, die frömmer sind als damals die schmutzigen Gassenhauer. Dort verehrt man auch mit mehr Andacht Christus, unseren wahren Gott, als einst den Ehebrecher Iupiter unter Orgien und schrecklichen Grausamkeiten.

24. Heute pflegt man dort wohl Heiligkeit der Sitten und jegliche Tugend, da auf Verschwendung Maß, auf Leichtsinn Bescheidenheit, auf Schamlosigkeit Scham, auf Üppigkeit Sparsamkeit, auf Jähzorn Milde, auf Hochmut Freundlichkeit, auf Neid Nächstenliebe folgte. Und wenn damals die vielen Rennpferde Freude machten, so ist heute nicht geringer die geistige Freude, die uns zuteil wird, wenn wir jenen Mann gehen sehen, der von Geburt an lahm war und den Petrus aufstehen ließ, ihn, der noch nie gehen konnte. Und wenn es damals eine Wonne war, den Wagenlenkern zuzuschauen, die mit dem Schmuck ihrer Wagen, mit Tummeln und raschem Lauf ihrer Pferde groß taten, so muss solcher Lauf doch zurücktreten vor einem, den wir heute wegen seiner himmlischen Schönheit nicht genug bewundern können; war es doch unser heiliger Wagenlenker, der Prophet Elias, der mit dem feurigen Viergespann einherfuhr und so schnell war, dass er an das himmlische Ziel gelangte. Und wenn es damals eine Freude war, sich an dem Schauspiel von Menschen zu weiden, die gegen Tiere kämpften, so wollen wir nicht versäumen anzusehen, was doch viel erfreulicher ist, den Kampf Daniels mit den Löwen, die er durch seine frommen Gebete bezwang und zähmte.

25. Wahrhaft glücklich und selig können wir den Vatikan-Hügel mit Recht nennen. Zwar besuchte ihn damals häufig eine riesige Volksmenge, die auf eitle Schauspiele gespannt war, doch jetzt wird sie vom heiligen Namen eines einzigen Apostels, des Petrus, angezogen und strömt aus dem ganzen Erdkreis zusammen. Täglich kommt eine noch weit größere Menge herbei, Menschen jeden Alters und Geschlechtes, Einfache wie Mächtige, und zwar nicht, um ihren trunkenen, schamlosen Begierden zu frönen wie <damals> jene, sondern um sich von Begierden zu heilen und die versprochenen Belohnungen himmlischer Freuden zu erlangen. Nicht mit Unrecht nennen wir diesen Ort noch einmal glücklich und selig. Einst freilich bebauten ihn die römischen Kaiser mit großem Eifer und vieler Neigung und scheuten keinen Aufwand, nur um ihre zügellosen Leidenschaften zu befriedigen; heute jedoch bewohnen ihn die heiligen römischen Päpste, die jene Kaiser an Würde, Ansehen und Majestät weit übertreffen, und zwar in höherer Weise, indem sie die ganze Welt durch ihre oberste päpstliche Macht lenken. Sie stützen sich auf die Altäre des Apostels Petrus, dessen Thron sie als Nachfolger innehaben, geben allen Völkern Recht und Gesetz, lenken die Lebensführung, leiten Sitten und Streben; alle Behörden müssen ihnen gehorchen, die Fürsten ihnen folgen, und die Könige das Knie vor ihnen beugen und den Nacken senken.

Viertes Kapitel

Vergleich der bedeutenden Veranstaltungen, die einst auf dem Vatikan und im dortigen Circus stattfanden, mit denen, die man heute in der Basilika des Heilligen Petrus an gleichem Ort abhält.

(26.) Zwar mag es als etwas Großes erscheinen, wenn besonders Nero selbst sich mehrfach im Vatikanischen <Circus> als Wagenlenker vor allem Volk sehen ließ. Zudem veranstaltete Claudius, der dort häufig Circusspiele abhielt, manchmal nach jeweils fünf Rennen eine Tierhetze. Darüber hinaus führte er dort als neues Schauspiel Boa-Schlangen ein, eine Gattung riesiger Schlangen, die so groß sind, dass man einmal, als sie erlegt waren, ein ganzes Kind im Bauch einer solchen fand. Weiter ließ auch Heliogabal, wie es heißt, an eben diesem Ort Kamele in Viererzügen vor Wagen laufen, ja sogar vier Viergespanne von Elephanten, und dabei wurden Gräber, die im Weg standen, zerstört.

27. Wenn aber dies als etwas Großes erscheinen mag, dann muss es bei weitem als größer erscheinen, daß Kaiser und Päpste unserer Zeit bei feierlichem Hochamt und unter festlichem Gotteslob hier ihre glänzenden Kronen und Szepter empfangen. Auch werden häufig Festgottesdienste von Päpsten unter würdevoll-freudiger Teilnahme herbeigeströmter andächtiger Scharen abgehalten. Zudem werden hier von allen Priesterkollegien, die Gott freudig und zugleich würdig loben, entweder um Gottes Zorn zu besänftigen oder um für erhaltene Wohltaten zu danken, öffentliche Bittprozessionen durch die Stadt beschlossen.

28. Als etwas ganz Besonderes dürfte folgendes erscheinen: Der Kaiser Lucius Verus bewies (wie wir lesen) für die Circusspiele so viel Teilnahme, daß er von einem schnellen Pferd, das für die grüne Partei lief, als es noch lebte, ein goldenes Abbild verfertigen ließ und dies mit sich führte. Er tat dem Pferd sogar getrocknete Trauben und Nüsse anstelle von Gerste in die Krippe, und als es tot war, errichtete er ihm eine Grabstätte auf dem Vatikan. Welches Lob sollen nun erst wir dem Vatikan singen, mit welchem Preis ihn erheben, da die Leiber so vieler, großer Märtyrer hier bestattet sind und ruhen? Gar nicht zu reden von den Päpsten, gibt es doch kaum einen, dessen Gebeine nicht der Vatikanhügel birgt. Da diese nämlich als wahre und heilige Väter alle Kirchen der ganzen Welt leiteten, erschien es passend, dass sie nach ihrem Tod nirgendwo anders ruhten als bei ihrem Vorgänger, dem Apostel Petrus in seiner Basilika, denn diese wurde nach Gottes Willen gerade im Vatican-Circus gegründet als die wahre und heilige Mutter aller Kirchen in aller Welt.

29. Wir wollen nun jenes mächtige, bedeutende Monument des Altertums betrachten, das als einziges von so vielen und gewaltigen anderen wohlerhalten und unzerstört dasteht, nämlich den Obelisken, den Gaius Caligula beim Vaticanischen Circus errichten ließ. Er ließ in dessen Basis die Asche seines Vaters Tiberius und seines Großvaters Augustus weihevoll bergen, und es ist ein staunenswerter und bewunderungswürdiger Koloss. Die Errichtung dieses Obelisken galt als großartige Tat, und es wird überliefert, man habe auf dem Meer nie etwas so Wunderbares gesehen wie das Schiff, das den Obelisken aus Ägypten herbeibrachte, nichts auch <so Staunenswertes> wie jene Tanne, den Mastbaum dieses Schiffes; der Umfang <des Mastes> wurde durch die ausgestreckten Arme von vier Männern, die ihn umfaßten, gemessen.

30. Wenn wir, sage ich, dies betrachten, um wie viel mehr werden wir hochschätzen, was wir auf der anderen, <dem Obelisken> gegenüberliegenden Seite erbaut sehen; es ist eine edle, wertvolle Kapelle, nicht freilich erbaut, um auf die Asche der Kaiser oder sonst ein Denkmal ihrer Eitelkeit hinzuweisen. Nein, sie dient zur Aufbewahrung und manchmal zur Ausstellung des heiligen Schweißtuches mit dem Abdruck des Antlitzes unseres Erlösers Jesus Christus. Über die hohe Würde und Erhabenheit dieses Tuches ist hier nicht zu reden, da die Sache schon vollauf durch sich selbst spricht. Die ganze christliche Welt und alle Menschen weit und breit, kleine ebenso wie große, ja sogar erhabene Könige bewundern <diese Reliquie>, verehren und beten sie an und lieben sie als höchsten und einzigartigen Schatz unter allen Reliquien dieser Welt mit höchster Andacht.

31. Und auch, wenn jemand meint, den Teich für eine Seeschlacht (Naumachie) preisen zu sollen, den Nero nahe beim Circus ausheben ließ, werden wir deshalb nicht unseren <Heiligen> Petrus geringer schätzen, und zwar nicht so sehr den Fischer als vielmehr den Vorkämpfer aller Sterblichen sogar gegen schreckliche Dämonen im tosenden Meer unserer Plagen. Daher sprach unser Erlöser zu Petrus, als dieser sein Netz ins Meer senkte: „Folge mir, und ich will dich zum Fischer von Menschen machen!“ Sollte er doch das schiffbrüchige Menschengeschlecht, zu dessen Rettung Christus selbst gekommen war, aus den Händen schlimmer Feinde befreien; es war, als wolle Christus in dieser Seeschlacht der Welt ihm, dem Kämpfer, und allen seinen Nachfolgern, die für diesen Kampf am gleichen Ort zu Päpsten gewählt wurden, <die Menschheit> anvertrauen. Es sollte ja nicht, wie der Prophet sagt (Psalm 68,16), der Meersturm die Menschheit ertränken, die Tiefe sie nicht verschlingen, und der Schlund sollte nicht seinen Rachen über ihr schließen. Daher hieß Gott Petrus sogar über die Wasser zu sich kommen, und als er bei starkem Wind unterzugehen drohte und um Hilfe rief, da streckte er die Hand aus, hielt ihn fest und rettete ihn mit den Worten: „Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?“ So sollte Petrus allen Späteren zum Vorbild werden, damit sie in der Seeschlacht dieser Welt in den tosenden Wellen nicht untergingen und nie an ihrer Rettung zweifelten.

32. Wollte nun jemand sagen, er schätze auch jene uralte Steineiche sehr hoch, die auf dem Vatikan stand, angeblich älter sogar als Rom selbst war und daher beim Römervolk hohes Ansehen und Verehrung genoß, so wollte ich, er widmete höhere Verehrung unserem ragenden, höchst lebenskräftigen und ewig dauernden Baum des heilbringenden Kreuzes; diesem kann an Heiligkeit und Majestät kein anderer gleich genannt, ja nicht einmal gedacht werden. Er ist es, unter dem wir durch unseren Erlöser Jesus Christus wahrhaft Rettung und Leben gewannen, in dessen Schatten wir wohlgemut und sicher ruhen, durch Kühle geschützt gegen alle Glut schlimmer Laster, behütet vor aller Anfeindung ruchloser Dämonen, geschützt vor jeglicher Verfolgung durch unsere Feinde. Daher scheint <Venantius> Fortunatus von Ceneda, der schließlich Bischof von Poitiers wurde und der Hymnen auf das Kreuz sang, in höchst frommer Gesinnung auch folgendes über das Kreuz gedichtet zu haben (Vexilla regis):

33. „O schöner Baum in deinem Glanz,
Mit Königspurpur wohlgeziert,
Erwählt, mit deinem hehren Stamm
Zu tragen Christi heiligen Leib;
Glückselig du, an dessen Arm
Des Himmels Kaufpreis einstmals hing.
Zur Waage wurdest du des Leibs
Und nahmst der Hölle ihren Raub.“
Auch dichtet er in einem anderen Lied (Pange lingua):
„Kreuz, du treuer Baum vor allen,
Edel, wie es keinen gibt!
Nicht ein Wald trägt deinesgleichen
So an Blüte, Laub und Frucht.
Süßes Holz und süße Nägel
Tragen hier die süße Last.
Hoher Baum, beug deine Äste,
Mache weich den straffen Kern
Und entwöhne dich der Härte,
Die der Ursprung dir verlieh,
Daß des Himmelskönigs Glieder
Du an sanftem Stamme hältst.“

Man muss glauben, dass ein großer Baum dieser Art <überall> zu wachsen und üppige Früchte zu spenden vermag, vor allem jedoch in der Basilika des Heiligen Petrus, und wir sollen verstehen: Der Vatikan, Standort dieser Basilika, genoß einst wegen der uralten Eiche höchste Verehrung, doch ging dieser Baum schließlich ganz ein. Welche Ehrfurcht und welchen Ruhm verdient nun erst nach unserem Glauben ein Ort, dem Gott den heiligen Baum des Kreuzes verlieh, der weder durch Alter noch durch äußere Gewalt von Feindeshand zugrunde gehen kann.

34. Jedenfalls pilgerte bald nach der Bekehrung Constantins zum Christentum und nach dem Aufblühen des christlichen Glaubens Helena, die Mutter des Kaisers (durch deren treues Gebet und deren Einfluß der Sohn, wie ein Christ glauben muss, bekehrt wurde), durch göttliche Visionen angetrieben, um das heilige Kreuz (das Ziel ihrer Sehnsucht) zu finden, nach Jerusalem, suchte eifrig und fand endlich das Gesuchte. Einen Teil ihres Fundes ließ sie in einer silbernen Kassette am Ort zurück; den anderen brachte sie ihrem Sohn nach Rom, damit <das Kreuz>, das lange in Jerusalem unbeachtet verborgen lag, nun dort würdiger und glanzvoller aufbewahrt und verehrt würde.

35. Dabei darf man ein weiteres, höchst verehrungswürdiges und sicher bezeugtes Unterpfand des heiligen Kreuzes nicht übergehen, das man in der Basilika des Heiligen Petrus behütet. Als nämlich Papst Symmachus in dieser Basilika eine Kapelle des heiligen Kreuzes errichtet hatte, die herrlich und wunderbar geschmückt war (jedoch in jüngerer Zeit zerfiel), ließ er, um die Verehrung <des Kreuzes> zu mehren, in der Apsis der Peterskirche zehn Pfund des echten heiligen Kreuzesholzes verwahren. Als ich dies zufällig bei einem vertrauenswürdigen Autor gelesen hatte, brachte ich es den Männern zur Kenntnis, denen die Sorge für die Basilika oblag, und bat, beim Abbruch der Kirche Aufpasser anzustellen, damit <das Holz> nicht durch Unachtsamkeit verloren gehe. Da diese nun ihr Amt recht versahen, stellte sich als wahr heraus, was ich gelesen hatte, und heute noch existiert jenes hochheilige Holz und wird von den Kanonikern mit höchster Verehrung gehütet.

36. Und auch folgendes scheint erwähnenswert: Wie es ihm durch göttliche Vision enthüllt war, fand Papst Sergius in der Sakristei der Basilika Sankt Peter, und zwar an einem ganz versteckten und dunklen Ort eine silberne Kassette, die durch langes Alter ganz schwarz geworden war, so dass sie nicht einmal aus Silber gefertigt schien. Sie war aber mit einem Siegel verschlossen und in ein rein seidenes Meßgewand gehüllt; innen barg sie ein Kreuz unseres Herren, das mit Gold und Edelsteinen wunderbar geschmückt war und worin ein Teil des echten Holzes des heiligen Kreuzes eingeschlossen lag, wie ein beigegebenes Schriftstück bewies. All dies stellte man nach alter Sitte jährlich am Festtag der Erhöhung des heiligen Kreuzes dem Volk zu öffentlicher Verehrung aus. Daher stellt sich der Vatikan heute viel herrlicher dar durch das kostbare Holz dieses Kreuzes, das so heilbringend ist. Es ist ja das Holz eines Baumes, der nie vergehen wird, anders als die erwähnte uralte Steineiche, die nichts nützte und endlich zugrunde ging.

37. Einen sicheren, unbestreitbaren und starken Beweis für <wahre> Zurückhaltung und Bescheidenheit will jemand wohl dem Ruhm des Vatikanhügels hinzufügen; die Geschichte kündet ja, ein Amtsbote habe dem Cincinnatus die Dictatur angeboten, als er dort die vier Morgen pflügte, die man Quintius-Wiesen nannte. Der Ort besteht heute noch, unfern der Milvischen Brücke, und gehört den Kanonikern von St. Peter; jedenfalls ist dies ein alter Name, durch den wir genau erfahren, bis zu welcher Grenze sich der Vatikan erstreckte. Ich will nun den großen Dictator gewiß nicht um seinen Ruhm bringen, ihn, der frei war von jeglicher Habgier, allem Ehrgeiz und jeder Prunksucht. Er begnügte sich mit seinem Äckerchen und gewann seinen Lebensunterhalt, indem er mit eigener Hand pflügte. Aber: Was hat jener Pflüger mit unserem Fischer Petrus gemein, oder was besitzt er, was irgend einen Vergleich rechtfertigt? Der Ruhm des Cincinnatus ist fast ganz geschwunden, und wenn noch etwas davon da ist, kennen es nur ganz wenige und nur Gelehrte. Der Name des Fischers Petrus hingegen, der heute den Vatikan so herrlich ziert, ist jedermann geläufig, und es gibt niemand, der <Petrus> nicht verehrt und feiert, zu dessen Basilika aus der ganzen Welt täglich zahllose Scharen herbeiströmen, vor dem sich alle neigen, den alle anrufen, Gelübde bei ihm tun und sein Lob singen.

Fünftes Kapitel

Vom Hochmut der römischen Kaiser, wegen dessen Gott ihren gewaltigen Reichtum,ihre Macht und die große Zahl riesiger Bauwerke von Grund auf verderben ließ. Auch von der Demut des Petrus, die ihm selbst, wie auch seiner Basilika und der Stadt Rom hohen Ruhm einbrachte.

(38.) Umso höher muss ich auch hier meinen Geist erheben, wenn ich an jenen alten und ungeheuren Ruhm der Stadt Rom denke, an die vielen und riesigen Reichtümer, die bei ihr aus dem ganzen Erdkreis zusammenflossen, an große Schätze, an die Verschwendung, die Festaufzüge, die Würden, die Staatsämter, die Machtmittel, die vielen hervorragenden und tapferen Feldherrn, die so wilde und zahllose Völker unterwarfen, riesige Beute heimbrachten, ruhmreiche Taten vollführten, viele hohe Ehren errangen und so viele glorreiche Triumphe feierten. Um das Andenken an ihre Großtaten bleibend und unsterblich zu machen, errichteten sie auch so viele und machtvolle Burgen, Thermen, Bogen, Kunstwerke, Foren, Paläste, Grabmäler und Tempel, alles mit wunderbarem Geschmack, kaum schätzbarem Aufwand und unglaublicher Mühe. Selbst die Reste, die heute noch sichtbar sind, zeigen uns deutlich, wie groß und prächtig das alles war. Ich sehe freilich, dass all diese Pracht wie Rauch völlig verflogen ist, und dass gerade jene Werke, die sie zu ihrem ewigen Ruhm errichteten, nun völlig vernichtet oder großenteils zerstört sind, so dass uns nur mehr Beschädigtes und Verkommenes, nur mehr Zerfallenes und Verlassenes zu sehen bleibt.

39. Wenn ich all dies bedenke und genauer betrachte, muss ich die tiefen, unerforschlichen und stets erhabenen Entschlüsse Gottes höchlich bewundern und preisen; er hat ja nach Zerstörung so vieler Werke und nach Vernichtung der Macht so vieler und mächtiger Kaiser, die – nach dem Wort des Propheten – auf ihre Kraft vertrauten und mit der Menge ihrer Reichtümer prahlten, gerade in jener Stadt, in der sie wie Könige herrschten, einen Fremdling, einen ungelehrten, niedrigen, gering geachteten, besitzlosen, armen Fischer eingesetzt. Auch wollte er, dass Petrus dort größer und ruhmreicher dastehen solle als jemals die Kaiser in all ihrer Machtfülle. Zudem sollten Petrus größere und ruhmreichere Dienste und Ehren erwiesen werden, als jene Kaiser bei allen von ihnen beherrschten Völkern der Welt gewannen. Gott erhob, wie der Prophet sprach, vom Boden den Mittellosen und vom Schmutz den Armen, um ihn zu Fürsten zu setzen, zu den Fürsten seines Volkes. Dies tat er gewiss, wie ich denke, nur, um deutlich zu zeigen, dass der göttlichen Majestät nichts verhasster ist als Hochmut; und wenn sie den Hochmut auch manchmal mit sozusagen tauben Ohren und geschlossenen Augen nicht zu bemerken scheint, so bestraft sie ihn doch je später, desto härter und schärfer und vernichtet ihn gänzlich.

40. Auch sagt der Prophet nicht ohne Grund: „Ich sah den Gottlosen hoch erhoben und ragend wie die Zedern des Libanon, und dann kam ich vorbei, und siehe, er war nichts mehr; und ich fragte nach ihm, und man fand seinen Ort nicht mehr.“ Hingegen <spricht der Prophet>: „Nichts ist Gott willkommener als ein demütiger Sinn, verzagt, mit wenigem zufrieden“, und diesem spendet der Herr oft sogar mehr, als er sich erhoffte. Daher können auch wir mit dem Hohen Lied sagen: „Er schuf Macht in seinem Arm, zerstreute jene, die hochmütig sind in der Gesinnung ihres Herzens, stürzte die Mächtigen vom Thron und erhöhte die Niedrigen, überhäufte die Hungernden mit Gütern und nahm den Reichen allen Besitz.“ Dazu lehrte uns auch Christus selbst, was unsere Pflicht sei, und lud uns besonders durch dein Beispiel dazu ein. Nicht nämlich kam zu uns unser Erlöser Jesus Christus mit großem und edlem Gefolge, nicht in feiner, üppiger Kleidung, nicht mit großmächtiger Reiterei, nicht in Glanz und Prunk, nicht mit üppigen Gastereien, nicht mit ragenden Häuserbauten, nicht mit großartigen Würden und Szeptern. Jene aber, die sich weigern, seinen Spuren zu folgen, täuschen sich sehr, wenn sie meinen, sie könnten irgendwann Christi gerechtem Urteil entgehen. Zwar lässt Christus auch das geringste Unrecht nie ohne Strafe, doch vor allem ahndet er jene schwere Sünde, die ihm am meisten verhaßt und zuwider ist, ich meine den Hochmut.

Sechstes Kapitel

Gott ließ es zu, dass so viele ausgezeichnete und hervorragende Bauten, die Roms Kaiser errichteten, nicht nur zerstört, sondern sogar beschmutzt und Orte jeglicher Befleckung wurden. Dies sollte den Hochmut <der Kaiser> besonders niederwerfen. Davon wird hier einiges erwähnt, was zu leichterem Verständnis des Übrigen beitragen soll.

(41.) Wie schwer aber Gott solche verderblichen Übel besonders bei römischen Kaisern bestraft hat, zeigt sich schon darin deutlich, dass er nicht nur Zerstörung und Einsturz vieler riesiger Bauten und ragend errichteter Häuser zuließ, deren Ruhm, wie jene meinten, zum Himmel reichen sollte. Gott wollte darüber hinaus, dass diese Bauten entweiht, besudelt und Ort für allen Schmutz und Abscheu würden. So sollte die törichte, eitle Ruhmgier jener <Kaiser> bei so großem Aufwand nur größere Schande bringen. Für solches Geschehen hat man zwar überall viele Beispiele, doch wollen wir eines, das wohl deutlicher ist als alle anderen und das bisher ganz im Dunkeln lag, an den Tag bringen.

42. Es steht nämlich durch das Zeugnis des Livius fest, dass der kleine Tempel der Patrizischenen Keuschheit, den nur vornehme Frauen betraten und ihn hoch verehrten, auf dem Rinderforum beim Rundtempel des Hercules stand. Auch bezweifeln wir nach vielen Zeugnissen und besonders nach einer Inschrift, die heute noch erhalten ist, nicht, dass dieses Forum Boarium dort war, wo heute die Kirche des Heiligen Georg zum goldenen Tuch steht. Auch darf man wohl mit einiger Wahrscheinlichkeit sagen, dass jener Rundtempel des Hercules, neben dem die Kapelle der Patrizischen Pudicitia stand, jener sei, den wir heute noch dort nahebei sehen; er ist dem Heiligen Stephanus geweiht und steht am Tiberufer. Doch stand auch, wie wir alten Überlieferungen entnehmen, ein Vesta-Tempel dort in der Nähe, wo dazu erwählte Dienerinnen in ewiger Keuschheit lebten. Und wenn wir behaupten, es sei dies jener Tempel, den wir beim Tiber und der Brücke sehen können und der jetzt der Heiligen Maria von Ägypten geweiht ist, werden wir wohl nicht in die Irre gehen; <wir täuschen uns wohl nicht>, weil die Front dieser Kirche sich nicht von einem in Marmor gehauenen Bild eines Tempels unterscheidet, auf dem Vestalische Jungfrauen opfern, und das an der Stirnseite eines mächtigen Hauses eingelassen ist, das vor dem Petersplatz steht.

43. So ist es, und an jenen Orten, wo einst Wohnstätten und Tempel von Reinheit und Jungfräulichkeit standen, befindet sich heute ein öffentliches, schandbares und schimpfliches Bordell, und es wohnen dort jene unglücklichen Frauen, die beklagenswerte Opfer der allgemeinen Geilheit sind. Dadurch bietet sich eine gute Gelegenheit, den tiefen göttlichen Ratschluß und das furchtbare Urteil Gottes zu erkennen. Gott wollte den Hochmut jener Zeiten und zugleich die Ränke tückischer Dämonen niederwerfen, die arme Sterbliche durch den Anschein von Tugend und Reinheit täuschten. Mit gutem Grund ließ er es zu, dass aus dem Ort, den man damals als rein und heilig ansah, eine so schmutzige, unzüchtige Stätte wurde.

44. Besonders müssen wir also von den vielen herrlichen und stolzen Tempeln, die viele große Kaiser Roms ihren Göttern erbauten (jetzt sind sie freilich völlig zerstört) drei herrliche Tempel allein des Kaisers Augustus anführen, der ja in seiner Herrschaft höheres Glück als alle anderen errang. Auch müssen wir berichten, welches Ende <diese von ihm erbauten Tempel> schließlich nahmen. Der erste Tempel nämlich, den Augustus dem Rächer Iupiter zugleich mit einem Forum erbaute (wie er in der Schlacht bei Philippi gelobt hatte), ist heute zu einem höchst schmutzigen, verächtlichen Ort verkommen. Vom Ganzen sieht man heute kaum mehr irgendwelche Spuren, abgesehen von einem riesigen Marmorbild, das gegenüber der „Kapelle des Heiligen Petrus im Gefängnis“ (in Carcere) unterhalb der Capitolburg liegt. Auch steht fest, dass das Forum selbst von Augustus zugleich mit dem Tempel erbaut wurde, und dies kann man auch aus dem Namen des genannten Bildes zureichend erschließen. Das Forum heißt nämlich allgemein, indem man wenige Buchstaben wegläßt, Marforum, will sagen: Forum des Mars.

45. Der zweite Tempel aber, den er dem Apollo auf dem Palatin mit vergoldeten Vorhängen und weiteren großartigen Zierden ausschmückte, ist so zerstört, dass man nur mehr bescheidene Reste sieht, die zum Aventin hin sehen. Der Ort ist heute zu einem Ziegenstall verkommen, so dass man mit Recht sagen kann, er sei zu alten Zeiten zurückgekehrt, wo noch vor <der Zeit des> Romulus dort Ziegen und Rinder zur Weide getrieben wurden. Und obschon es hier viele weitere Tempel gab, so dass es schwierig ist, darüber ein Urteil abzugeben, möchte ich nicht zweifeln, dass eben dies der Tempel des Apollo war, und zwar deshalb, weil Sueton (Aug. 31,1) berichtet, Augustus habe dort unter der Tempelbasis die Sibyllinischen Bücher, eingeschlossen in zwei goldenen Kästen, verwahrt, nachdem alle weiteren griechisch und lateinisch geschriebenen Schicksalsbücher verworfen und verbrannt waren. Diese Bücher waren anonym oder nur von wenig glaubwürdigen Autoren verfaßt; man holte sie zusammen, und es sollen über zweitausend gewesen sein. Heute ist nur noch die Basis unter dem Tempel erhalten, und sie hat riesige Ausmaße; ich sah auch, dass sie auf einer Seite mit einer ungeheuren, starken Mauer befestigt war. Vorhanden ist noch ein Teil des Tempel-Estrichs, unter dem die Basis selbst gelegt war; er ist aber von Schutt verdeckt.

46. Dann ist da noch der dritte Tempel, den Augustus dem Donnernden Iupiter auf dem Capitol baute, weil er gerettet wurde, als auf seinem Feldzug gegen die Cantabrer <in Spanien> beim Nachtmarsch ein Blitz seine Sänfte traf und den voranleuchtenden Sklaven tötete. Dieser Tempel kam derart herunter, dass er nicht nur gänzlich zerstört, sondern überdies zu einem Ort der Schande und das Abscheus geworden ist. Heute werden dort nämlich zum Tod Verurteilte öffentlich gehängt, und was könnte man Schandvolleres, Verächtlicheres, Entehrenderes nennen? Ich denke, Gott hat dies in hoher Vorsehung geschehen lassen zu Schimpf und Schande für schlechte, üble Dämonen und <zur Strafe> für den Hochmut jener großen, übermächtigen Männer. Dort, wo ihr König und Vater, Iupiter genannt, damals verehrt wurde, sollte nun der Galgen für die zum Schandtod Verurteilten aufgerichtet werden, so dass man keine größere Entehrung hinzufügen konnte. Dass dies ganz, wie ich sage, der Wahrheit entspricht, wird jeder zugeben, der das Leben des heiligen Papstes Calixtus liest. Dort steht, dass zur Zeit der Kaiser Macrinus und Alexander der südlich gelegene Teil des Capitols durch einen Blitz vom Himmel abbrannte; und im Tempel des Iupiter selbst sei die vergoldete linke Hand des Gottes herabgestürzt. Als nun die Priester nach ihrem Brauch das Geschehen durch Opfer entsühnten, sei am Himmel nochmals ein Gewitter entstanden, der Altar des Iupiter sei vom Blitz getroffen worden und abgebrannt; auch seien vier aus der Schar jener Götzenpriester gestorben.

47. Da nun dieser Iupitertempel nach Süden lag, und wenn wir sehen, dass am gleichen Ort Galgen stehen, um zum Tod Verurteilte zu hängen, dann werden wir mit Recht sagen, dass ebendort auch der Tempel stand, der von Augustus aus Furcht vor Blitzen dem Donnernden Iupiter geweiht, aber schließlich <gerade> von einem Blitz verbrannt wurde. Nachdem der Tempel damals hohe Würde und Verehrung genoß (so täuschten ja verruchte Dämonen die Menschen jener Zeit), verkam er schließlich zu jener düsteren und entehrenden Verwendung als Hänge-Platz von Verbrechern, und dies allein durch den wunderbaren, tiefen Ratschluß Gottes. Auch soll niemand behaupten dürfen, dass von Augustus jener Iupitertempel erbaut worden sei, der auf dem Tarpeischen Felsen nach Osten hin stand, einst ein herrliches und festliches Bauwerk. Der Tempel <des Augustus> ist nämlich völlig verschieden von jenem, den, wie Livius überliefert, Lucius Tarquinius Superbus aus der Volscerbeute errichtete. Soweit von Tempeln, die Augustus erbaute.

48. Es lohnt übrigens, auch einen anderen Tempel kennen zu lernen, den später Tiberius nach dem Tod des Augustus zu dessen Gedächtnis begann und den Gaius Caligula vollendete. Beide erwiesen dem Augustus sozusagen göttliche Ehren, um ja nichts zu unterlassen, was dazu diente, ihren gesteigerten und überheblichen Hochmut zu beweisen. Auch diesen Tempel wollte ich sorgsam untersuchen, was nicht schwer fiel, wenn man Schlüsse aus dem zog, was bei Sueton steht. Dieser berichtet nämlich, C. Caligula habe das Palatium mit dem Capitol verbunden, indem er eine Brücke über den Tempel des vergöttlichten Augustus hinweg baute. Als ich nun genauer danach suchte, fand ich die den Ansatzspunkt genau dort, wo die engste Stelle zwischen Palatin und Capitol ist, so dass die Brücke beide Hügel leicht verband. Der Ort ist heute aber durch Zäune und Einfriedungen an allen Seiten versperrt, und ringsum liegen weite Gärten. Als ich die Stelle zum ersten Mal sah, stand dort noch ein riesiger Pfeiler, der die Höhe dieses Bauwerks anzeigte; doch als ich nach einem Monat nochmals hinüber ging, mußte ich sehen, dass der Pfeiler völlig zerstört war, so dass jetzt nur mehr Fundamente und überall herumliegende Trümmer zu sehen sind. Gottes Gerechtigkeit wollte gewiß ihren Unwillen deutlich zeigen und Anmaßung und Hochmut jener <Kaiser> niederwerfen. Diese überschritten ja derart alles Maß, dass sie nicht nur solche Werke in höchst zügel- und hemmungsloser Willkür errichteten; sie wollten überdies noch Ehren, die Gott allein zustanden, sowohl Dämonen wie auch sterblichen Menschen widmen. Es waren Herrscher, die nach dem Propheten nichts begriffen, als sie in Ehren standen, unvernünftigem Vieh glichen und diesem <wahrhaft> ähnlich wurden.

Siebtes Kapitel

Als nun die Macht der römischen Kaiser bereits dahinschwand, erstrahlte die Stadt Rom, die im Dunklen lag, durch den Fischer Petrus bald wieder in neuem Glanz und Ruhm.

(49.) Um nun dorthin zurückzukehren, von wo wir mit Bedacht ausgingen: Gott schlug jene berühmten römischen Kaiser schwer darnieder, indem er es zuließ, dass ihre ganze Macht und ihr Ruhm zugrunde gingen, ihr Reichtum dahinschwand, die Herrschaft wankte und zusammenbrach. Auch ließ er die ragenden Werke, die jene mit staunenswertem Aufwand und vieler Mühe errichtet hatten, mit jeder Art von Schmutz und Unflat befleckt werden. So zeigte er, wie wir sagten, wie zuwider ihm jener Hochmut war, und mit welchem Haß er ihn verfolgte. Wäre nicht unser geringer Fischer Petrus erstanden, von dem später jene höchste Autorität und Macht bei allen Völkern auf seine Nachfolger, die römischen Bischöfe, überging, dann wäre fast aller Ruhm und Glanz der Stadt Rom in Dunkel versunken. Auch genoß Petrus in Rom solches Ansehen und solche Ehre, und so hell erstrahlte durch ihn der Ruhm der Stadt in allen Teilen des Erdkreises, dass völlig klar wurde, wie sehr Gott Demut und freiwillige Niedrigkeit liebt, wie sehr er ein Herz schätzt, das keine Überhebung kennt, wie sehr auch bescheidene, anständige Lebensführung. Daher kam es auch, dass Constantin dem Petrus jene wunderbare und herrliche Basilika erbaute, worüber wir nun genug berichtet haben (von anderem abgesehen, das er schuf, was aber nicht hierher gehört). Er tat dies aber in weitaus glücklicherer Absicht als jene früheren Kaiser bei ihren vielen großartigen Werken; diese Bauten wurden ja schließlich zur denkwürdigen Strafe für Überheblichkeit und Anmaßung zerstört, denn allein davon getrieben hatten die Kaiser solche errichtet.

Zweites Buch

Erstes Kapitel

Grundlegung des Hochaltars und Übertragung des Körpers des Heiligen Petrus aus den Katakomben in seine Basilika.

50. Nach Erbauung der Basilika gründete Constantin sodann deren Hochaltar, wobei ihm stets der heilige Papst Silvester segnend und weihend zur Seite stand. Auch hielt er eine große Versammlung der Bischöfe und der anderen Priester ab, wobei sich zugleich eine große Menge von Christen zusammenfand, die jubelten und Gott lobten. Sodann ließ Constantin zu nicht geringerer Freude den Leib des Petrus in die Basilika übertragen; dieser lag zuvor in den Katakomben außerhalb der Stadt beim Tor zur Via Appia, wo heute die Kirche des Heiligen Sebastian steht, wie wir in der Vita des Heiligen Damasus lesen. Er soll dort auch eine Gedenktafel zur Ehre der Apostel Petrus und Paulus gestiftet haben, deren Leiber bis dahin dort lagen. Dies bezeugt der Heilige Gregor in einem Brief, den er an eine Angehörige der Kaiserfamilie (Augusta) Constantins schrieb. Den betreffenden Abschnitt lassen wir hier folgen: „Was aber soll ich über die Leiber der heiligen Apostel sagen, da feststeht, dass zur Zeit ihres Martyriums Gläubige aus dem Osten kamen, die deren Körper als die ihrer Mitbürger forderten. Doch wurden <damals> jene Leiber bis zum zweiten Meilenstein nach der Stadtgrenze gebracht und an dem Ort niedergelegt, den man Katakomben nennt. Als aber dann jene ganze Schar <aus dem Osten> sich zusammerottete und die Leiber herausholen wollte, versetzte sie ein mächtiger Blitz mit Donner derart in Schrecken und trieb sie so auseinander, dass sie ein solches Wagnis keinesfalls mehr versuchten. Darauf gingen Römer, die dies wegen ihres frommen Glaubens an den Herrn durften, hinaus, hoben die Leiber auf und legten sie an den Orten hin, wo sie jetzt beigesetzt sind.“

51. Soweit der Heilige Gregor. Mir ist allerdings bekannt, dass andere Leute der Ansicht waren, der heilige Papst Cornelius habe Petri Leib in der Nacht aus den Katakomben übertragen, und zwar auf Bitten einer gewissen Matrone Lucina, in deren Gärten hernach die Basilika des Heiligen Paulus erbaut wurde. Man habe <den Leib> auf dem goldenen Berg beigesetzt, dort, wo der Tempel des Apollo stand, jetzt aber die nach Petrus, der dort auch gekreuzigt wurde, benannte Kirche. Danach aber sei der Leib wieder durch den heiligen Papst Silvester und durch Kaiser Constantin zu seiner Basilika übertragen worden, wo er jetzt noch liegt. Diese Ansicht wird durch die Autorität des heiligen Gregor deutlich gestützt, und ich schließe mich ihr an, weil sie wohl eher der Wahrheit entspricht.

Zweites Kapitel

Beweis, dass der Heilige Petrus auf dem goldenen Berg oder Ianiculus den Märtyrertod erlitt, daß sein Körper nach den Katakomben und später von dort in die Basilika verbracht wurde.

(52.) Ich will zwar nicht bestreiten, dass der Heilige Petrus auf dem goldenen Berg gekreuzigt wurde (was auch jene meinen); doch glaube ich, dass er schon immer in den Katakomben bestattet war, wo man auch sonst und zumeist die Leiber der Christen barg, und dass er schließlich und endlich in die von Constantin errichtete Basilika überführt wurde. Dass nämlich der Heilige Petrus auf dem goldenen Berg gekreuzigt wurde, scheint das Zeugnis eines gewissen alten Schriftstellers namens Gaius genügend zu beweisen, den Eusebius in seiner Kirchengeschichte zitiert. Dieser <Gaius> berichtet nämlich in einem Disput gemeinsam mit dem römischen Bischof Zepherinus gegen einen gewissen Cataphryger Proculus, folgendes über die Grabstätten der Apostel:

53. „Ich kenne“, sagt er, „Denkmäler der Apostel, die ich anzeigen will. Wenn man nämlich auf der königlichen Straße geht, die zum Vaticanus führt, oder auch auf der Straße nach Ostia, wird man Gedenkzeichen angebracht finden, die auf beiden Seiten hingestellt sind und durch welche die römische Kirche begründet wird.“ Dort ist nämlich der goldene Berg, auf dem, wie wir <Vegius> sagten, der Heilige Petrus gekreuzigt und bestattet wurde; dieser Berg liegt genau an der königlichen Straße, die zum Vaticanus führt, und hier, berichtet Gaius, sei ein Denkmal für Petrus angebracht. Es war nicht unnütz, das Zeugnis des Gaius anzuführen, und zwar wegen gewisser anderer Leute, deren Ansicht dem Gesagten zuwiderläuft. Diese müssen nämlich einsehen, dass sie im Irrtum sind, wenn sie meinen, der Hl. Petrus sei bei dem großen Grabmal Kaiser Hadrians gekreuzigt worden, wo jetzt die Kirche S. Maria in Transpadina (Transpontina) steht. Deshalb habe sein Körper auch dort gelegen, und zwar nicht anders, als wie es sich geschrieben vorfindet, nämlich dass er zwischen zwei Zielsäulen (Pyramiden?) den Tod erlitten habe. Die Kirche aber der heiligen Maria in Transpadina liegt genau zwischen zwei Zielpunkten (Pyramiden), deren einer am Ort des <heutigen> Hadriansmales lag.

54. Doch kann die Meinung dieser Leute in keiner Weise zutreffen. Damals nämlich waren Brücke und Grabmal Hadrians noch gar nicht erbaut, und er herrschte noch nicht über die Welt. Und wenn überliefert ist, der Hl. Petrus sei zwischen zwei Grenzpunkten gekreuzigt worden (wenn diese Überlieferung überhaupt stimmt), dann kann man sagen, von diesen beiden Punkten liege der eine auf dem Vaticanus, der andere beim Aventin-Hügel, und dann paßt dazu die Aussage, dass zwischen diesen beiden der goldene Berg liege, auf dem Petrus wirklich gekreuzigt wurde. Wenn jene aber so starr auf ihrer Ansicht bestehen, dann, bitte, mögen sie auf das glaubwürdige Zeugnis des Gaius antworten, das besagt, das Gedenkzeichen für Petrus sei an der königlichen Straße angebracht, die zum Vaticanus führt. Die Kirche St. Maria in Transpadina ist nicht an der königlichen Straße, sondern auf dem Vaticanus selbst gelegen. Die königliche Straße reicht nämlich nur bis zur Kirche St. Maria in Saxea (Sussex), heute Hospital zum heiligen Geist.

Drittes Kapitel

Über den silbernen Schrein, in dem der Leib des Heiligen Petrus unter dem Hochaltar niedergelegt wurde, und über die ihm dargebrachten Geschenke.

(55.) Constantin ließ also den hochheiligen Leib des Heiligen Petrus <dorthin> übertragen und vollbrachte dies zu seinem höchsten Verdienst und zu höchster Ehre gemeinsam mit dem heiligen Papst Silvester. Sodann ließ er für Petri Reliquien zu schicklicher Bewahrung einen herrlichen silbernen Schrein herstellen, der ringsum mit Erz und Kupfer umschlossen war. Er maß nach allen Seiten, nach Länge, Breite und nach oben und unten fünf Fuß, und das Ganze umgab ein vergoldeter Kasten. Auch legte er auf den Leib ein Kreuz, das aus purem Gold (und zwar aus 150 Pfund) gefertigt war; darauf steht: Constantinus Augustus et Helena Augusta. Über dem Altar aber, wo unten der Leib liegt, errichtete er einen herrlichen vergoldeten Baldachin, der sich über vier Porphyrsäulen erhebt und den später Papst Leo IV. mit reinem Silber prächtig schmückte. Leo war nämlich ein Mann, der sich stets der Lektüre der Heiligen Schrift widmete, auch nächtlichen Studien und <der Abfassung von> Predigten. Er liebte auch die Basilika St. Peter sehr, hatte er doch seit früher Jugend lange im Kloster St. Martin wie ein Mönch gelebt, und dieses Kloster grenzte unmittelbar an die Basilika (wir sprechen darüber später am rechten Ort). So blieb der Papst seiner frühen Jugenderziehung eingedenk und konnte auch später, wie es oft geht, von der Neigung zu dieser Kirche niemals ablassen. Daher bedachte er sie auch mit vielen weiteren und großen Stiftungen.

56. So ließ Leo auch den von Constantin errichteten und vergoldeten Altarbaldachin, der ein wenig verschmutzt war, innen und außen mit Silber beschlagen. Weiter ließ er ein Kreuz aus reinstem Gold anfertigen, das mit verschiedenen Edelsteinen geschmückt war, nämlich mit Hycinthen und weißen Smaragden von wunderbarer Größe. Das Kreuz hatte ein Gewicht von tausend Pfund reinsten Goldes, und er stellte es an die rechte Seite des Altars, wo es sich auch für lange Zeiten hielt. Papst Leo stiftete aber auch eine Tafel aus Gold und Smaragd mit einem Gewicht von 266 Pfund Goldes; diese stellte das Alte und Neue Testament <in Bildern> dar, und auch sie stellte er vorne an den Altar, wo sie noch zur Zeit Papst Alexanders des Dritten zu sehen war. Weiter: Ein Abbild unseres Erlösers Jesus Christus, wie er auf dem Thron sitzt mit zwei Engeln neben sich. Dazu kamen noch 20 silberne Standbilder, die ringsum vor dem Altar standen, und zwar auf gedrehten Marmorsäulen mit schön gemeißelten Reben. Einem dieser Bilder, das ganz nahe am Altar des Heiligen Bartholomaeus steht, verlieh Gott solche Wunderkraft, dass Menschen, die von Dämonen erfaßt sind, dort nach heiligen Bittgebeten befreit werden; dafür haben wir viele sichere und überzeugende Beweise erlebt. <Leo> fügte auch noch 40 Halter aus Silber hinzu, die in Art von Kronreifen gefertigt waren, und in denen man Lampen vor dem Altar aufhängt.

57. Damit nicht genug: Er ließ auch ein großes goldenes Kreuz verfertigen, das er beim Altar der Heiligen Apostel Simon und Judas aufstellte und das zweihundert Pfund wog. Weiter <stiftete er> gegenüber dem Altar der Heiligen Philippus und Jacobus noch ein großes Silberkreuz, das ebenso zweihundert Pfund wog. Das alte Mitteltor aber der Basilika, unter dem nach der Überlieferung der Leib des ehrwürdigen Beda unter einer runden Porphyrplatte ruht, und durch das aus Ehrfurcht vor ihm unsere Vorläufer nicht eintraten, ließ er ausschmücken und bedeckte es gänzlich mit Silberplatten und verschiedenen Bildern. Dieses Tor nannte man deshalb später das Silberne, und neben diesem ruht in der Vorhalle Papst Benedikt der Dritte.

58. Man muss nämlich wissen, dass die Basilika des Heiligen Petrus fünf Tore besitzt, die in die Vorhalle führen, wobei jedes einen eigenen Namen hat. Das mittlere von ihnen, das Silberne, von dem wir eben sprechen, bewahrte seinen Schmuck noch bis in die Zeit Papst Alexanders des Dritten, doch verlor es ihn dann und wurde auf Dauer schwer beschädigt, so dass es auch seinen Namen, mit dem es als Silbertor bezeichnet wurde, verlor. Dies blieb so, bis Eugen der Vierte, ein Papst, der in jeglicher Tugend hervorleuchtete und der immer nur Großes und Ruhmreiches unternahm, dem Tor seinen früheren Glanz wiedergab. Es wurde aus Erz gebildet, und zwar unter hohen Kosten und mit wunderbarem Kunstverstand, und es waren darauf die großen, hervorragenden Taten des Papstes dargestellt. Er verwendete jedoch kein Silber, blickte er doch tiefer und wollte nicht, dass das Werk noch einmal, wie in früheren Zeiten, durch ruchlose Gier von Räubern Schaden litte. Es sind darauf auch Epigramme zum Zeugnis der Taten des Papstes eingeschrieben, die ich verfaßte, wie folgt:

„Sieh hier die herrlichen Bilder der Taten Eugens des Vierten;
Ragende Denkmale nun seines erhabenen Geists.“

Ebenso ein weiteres:

„Schau, wie Griechen und Inder, Armenier und Äthiopen,
Araber obendrein Römischen Glaubens nun sind.“

59. Gleich daneben ist eine weitere, die rechte Eingangstür, die man, wie es heißt, die Römische nannte, weil die römischen Frauen seit altersher zumeist durch sie die Basilika betraten. Zwischen dieser und der silbernen Türe ist in der Eingangshalle ein gewisser Papst Johannes bestattet. Dieser Türe benachbart ist noch eine weitere, die man Guidonea (Geleitertor) nennt, und zwar nach dem volkssprachlichen Ausdruck Geleiter, weil diese <Männer> ankommende Gesandte durch sie einführten. Neben diesem Tor ist, ebenfalls in der Vorhalle, Papst Johannes IX. bestattet. Weiterhin wurde eine Tür, durch die wir auf der linken Seite die Basilika betreten und die dem Silbertor zunächst liegt, Ravennatür nach den Ravennaten benannt, die jenseits des Tiber wohnten und gewöhnlich durch sie eintraten. Mit dem Namen Ravennaten wurden aber auch sämtliche Tuscer und Transpadaner bezeichnet. Zwischen dem Ravennator und dem Silbertor ist in der Vorhalle Papst Sergius bestattet.

60. Sodann schließt sich diesem Tor ein anderes an, das man Tor des Gerichtes nennt, weil man nur durch dieses die zu bestattenden Toten trug, sozusagen weil sie nun von Gott gerichtet werden sollten. Allein dieses Tor hat seinen Namen bis heute behalten, während die übrigen ihn verloren. Neben diesem Tor sind in der Vorhalle bestattet Nicolaus II., auch Johannes VIII. und ein weiterer Johannes, nämlich der X. Zwischen dem Gerichtstor und dem Ravennator ruht innen in der Basilika Bonifatius IV. neben der Kapelle, die Bonifatius VIII. errichtete, der auch selbst dort liegt, was jetzt noch Verse bezeugen, die dort eingemeißelt sind, aber wenig Glanz besitzen. Der Erwähnung jedoch nicht unwürdig ist dieser Papst, weil er von Kaiser Phocas erreichte, dass der Tempel, der zuvor von den Heiden verehrt wurde und Pantheon hieß, zu Ehren der Heiligen Jungfrau Maria und aller Heiligen viel besser und frömmer benannt und umgestaltet wurde. Man berichtet auch allgemein, Bonifatius habe beim gleichen Kaiser durchgesetzt, dass die römische Kirche wegen des Namens des Heiligen Petrus für ranghöher als alle übrigen angesehen wurde. Allerdings lese ich als zuverlässigere Nachricht, dies habe Bonifatius der Dritte erreicht, und der Irrtum in Bezug auf ihn hat sich vielleicht deshalb durchgesetzt, weil auf Bonifatius den Dritten sogleich der Vierte ohne einen weiteren dazwischen folgte.

61. Um nun zur Freigebigkeit Leos IV. zurückzukehren, von der wir abschweifen mußten: Er begnügte sich nicht mit so herrlichem Schmuck der Heiligtümer, sondern wünschte auch eifrig, dass möglichst gut auf den gemeinsamen Nutzen und den Vorteil der Kanoniker gesehen und für sie gesorgt würde, damit sie sich eifriger und hingebender ihren gottesdienstlichen Aufgaben widmen könnten. Leo überschrieb ihnen nämlich die Burg Bucenia, die sein Erbgut war, und ebenso die Erlöserkirche, die in Torione gelegen ist und die er zur Bestattung aller ausländischen Pilger erbauen ließ. Auch fügte er die Kirche des Heiligen Justinus hinzu, die auf dem Berg der Heiligen stand und die er ebenfalls zur Bestattung, jedoch der latinischen Pilger, hatte erbauen lassen. Weiterhin die Kirche des Heiligen Peregrinus, die unfern der Porta Viridaria steht. Zudem die Kirche der Heiligen Maria in Palazolo und die des heiligen Märtyrers Georg, die hinter St. Peter lag. Alle diese Geschenke machte er den Kanonikern, jeweils verbunden mit den Einkünften und allem, was sonst dazu gehört. Doch habe ich unter allen anderen nur diese Stiftungen, die besser bezeugt erschienen, der Anführung für würdig gehalten.

62. Die Petersbasilika selbst ließ Leo IV. mit der anderen, der des Heiligen Paulus, welche die Sarazenen bei ihrem Einfall unter Papst Sergius verwüstet hatten, prächtig wiederherstellen, und dies neben anderen Ruhmestaten. Er erbaute nämlich auch die Kirche Santa Maria Nova und erweiterte die Basilika der vier Gekrönten, deren Kardinalstitel er besaß, und schmückte sie aus. Zudem stellte er die Mauern von Ostia und von Portus, welche die Barbaren eingerissen hatten, mit nicht geringem Aufwand wieder her. Doch warum berichte ich Kleines so ausführlich, als hätte ich jenes ruhmreiche Werk vergessen, das er zu Befestigung und Verteidigung der Basilika St. Peter mit hohem Sinn und zugleich hohem Aufwand errichtete, es auch innerhalb von sechs Monaten vollendete? Ich meine die Mauern, die auf der einen Seite bis zur Burg des heiligen Engels und auf der anderen bis zum Hospital zum Heiligen Geist reichen; dabei wurde der obere Teil des Berges mit eingefaßt. Aus diesem Grund nannte man das ganze Areal später Leoninische Stadt nach dem Namen des Gründers.

63. Als in letzter Zeit Nicolaus V. diese halb eingestürzten Mauern wieder aufrichtete, machte er sich an eine Aufgabe, die viel mehr Mut als Geld erforderte, jedoch sehr bedeutend war und jenes großen Papstes wahrhaft würdig; doch starb er, und das Werk wurde mitten in der Arbeit unterbrochen. Dieses Unternehmen aber wurde nicht nur für die Basilika St. Peter höchst segensreich, sondern auch für die Stadt Rom. Die Barbarenhorden nämlich, die Rom so oft angriffen, waren gewohnt, die Basilika sozusagen als Stützpunkt für ihre Freveltaten zu besetzen; durch die aufgerichteten Mauern wurden sie jedoch abgeschreckt und standen vom üblichen Streifzug und Angriff ab. So war es wohl kaum nötig, Karl den Großen oder sonst irgend einen großmächtigen König zur Verteidigung herbeizurufen. Karl schützte freilich, als man ihn zu Hilfe rief, die Stadt hervorragend vor aller Gewalt und Rechtsverletzung. So handelten auch, wie es überliefert ist, die alten Römer wohl sehr klug, da sie diesen Punkt, der einen feindlichen Angriff begünstigte, auf Grund eines Seherspruches (ex responsu vatum) gegen den Angriff der Etrusker besetzt hielten, weshalb der Hügel auch den Namen Vaticanus erhielt.

64. Ich weiß sehr wohl, dass man einige Verse über dem Tor, das an die Engelsburg anschließt, auch weitere Verse über der Porta Viridaria eingehauen hat, die allgemein gehalten sind, doch besonders Leo den Vierten als Urheber dieses Riesenwerkes hervorheben. Da diese Verse jedoch ziemlich schwach sind, hielt ich sie nicht für würdig, hier eingefügt zu werden. Eine weitere Inschrift in Prosa hingegen ist keineswegs verächtlich; und weil sie ganz unbekannt war, auch durch allzu lange Zeit fast unlesbar und sozusagen geschwärzt, habe ich sie doch voll und ganz so abgeschrieben, wie sie in den tiburtinischen Steinen über dem Mauertor gleich bei der Engelsburg eingehauen ist; auch hielt ich es für schicklich, sie hier einzufügen. Wir lernen daraus, dass man den Mauerbau selbst damals unter dem Papst Leo begann, und auch, dass die Barbaren bei ihrem zweiten Einfall besiegt und sogleich zum Aufbau eben dieser Mauern verurteilt wurden. Die Inschrift lautet so:

65. „Als das feindliche Sarazenenvolk wiederum die Römer, wie zuvor, mit Krieg überziehen wollte und Beutezüge gegen sie unternahm, verschlang nach Gottes Willen manche von ihnen ein Seesturm. Römische Krieger aber nahmen manche von ihnen lebend gefangen und zwangen die meisten von ihnen, zu rühmlichem und ewigem Gedenken, in Eisenketten bei diesem höchst ehrenvollen Werk vielerlei Mühen zu ertragen.“

Dieses staunenswerte Wunder bewirkte jedenfalls unser Herrgott zur Zeit des hochheiligen Papstes Leo IV. und des unbesiegten stets zu verehrenden Herren und Kaisers Lothar.

66. Nicht übergehen darf man wohl einen Erlaß von Leo IV. selbst, der auf einer Marmortafel in der Kirche des Heiligen Michael unweit der Basilika St. Peter eingehauen ist. Unter anderem ist dort die Rede zwar nicht von Errichtung der Mauern (damit hatte man noch nicht begonnen), wohl aber vom Einfall der Barbaren, der Besetzung von St. Peter wie auch von dem Entsatz durch Karl den Großen. Ich hielt es für gut und richtig, den Teil der Inschrift, der zu unserem Thema paßt, hier auch noch anzuführen, und zwar in folgendem Wortlaut:

67. „Im Namen unseres Herrn. Zur Zeit des Papstes Leo III. und unter der Herrschaft Kaiser Karls des Großen, damals, als die Basilika St. Peter von den Sarazenen eingenommen war, zu der Zeit, als durch die Bedrängnis der Hauptstadt der ganzen Welt die ganze Welt sich bedrängt fühlte, kam ganz Gallien mit König Karl zum Schutze Roms herbei. Dabei mußten im Kampf gegen die Feinde des Herrn manche sterben und wurden in der Krypta neben dem Palast des Nero bestattet. Zu gleicher Zeit wurde über ihrem Grab von Papst Leo und von König Karl die Kirche hier zu Ehren des Erzengels Michael erbaut. Nach diesen Taten zog der König nach Apulien, das er für den Heiligen Petrus und Rom unterwarf.“ Alles Weitere, das nicht zu unserem Thema gehört, lassen wir bewußt weg.

68. Es ist wohl nicht unnütz, all dies angeführt zu haben, sollen doch nicht nur Zuneigung und Fürsorge unseres heutigen Papstes Leo IV. für die Basilika St. Peter hervorgehoben werden, sondern auch seine hohe Klugheit und Seelengröße bei Ausführung großer Dinge. Seinem Beispiel folgten die weiteren Päpste, die sich stets mit höchstem Eifer bemühten, die Basilika St. Peter mit größten Vergünstigungen, Ehren und Privilegien auszustatten, und die ihr, jeder nach seinem Vermögen, viele ansehnliche Geschenke darbrachten. Sie brachten dieser Kirche als der Mutter und Fürstin aller Kirchen gewiß vor allen anderen höchste Neigung und Gunst entgegen.

69. Denn, um von anderen zu schweigen, es hat ihr Eugen der Dritte, den man keinesfalls übergehen darf, das Vorrecht zugesprochen, dass die Kanoniker von allen Spenden für die Basilika den vierten Teil erhalten sollten. Er hatte zudem eine solche Zuneigung für die Basilika und war so freigebig, dass er niemals sich dort einfand, um die Heilige Messe zu feiern (und das tat er oft), ohne herrliche Pallien, wertvolle Gewänder, silberne Leuchter oder sonst ein edles und eines Papstes würdiges Geschenk mitzubringen. Ebenso handelte, wie wir lesen, stets auch Hadrian der Vierte, der den Kanonikern die Burg über Valeranum (Vicovaro) im Bistum der Stadt Castellana zum Geschenk machte. Er gewährte auch allen, der Basilika unterstellten Kirchen, auch jenen, die außerhalb der Stadt liegen, Abgabenfreiheit. Eine ähnliche Zuwendung erfolgte auch durch Papst Leo IX., der viele, glänzende Zeichen <dieser Art> setzte. Sein Leib ruht zwischen dem Silbernen und dem Ravennianischen Tor innerhalb der Basilika selbst; dort steht jetzt der Altar, bei dem man alljährlich das Gedächtnis aller Verstorbenen am Allerseelentag feiert.

70. Nicht übergehen darf man auch den Papst Hormisda wegen der großen Besonderheit seines Handelns. Nachdem er nämlich verschiedenen Kirchen in Rom verschiedene Prunkstücke geschenkt hatte, soll er der Basilika St. Peter einen silbernen Balken von 1040 Pfund gestiftet haben, ein ganz ungewöhnliches Geschenk. Anders machte es der selige Gregor, der der Basilika zur Verbesserung der Beleuchtung viele Landgüter, insbesondere Ölgärten, übereignete. Dies steht durch eine öffentliche Dokumentation fest, die auf Marmortafeln eingeschrieben ist; anfangs waren es sieben solche Tafeln, doch sind heute nur mehr zwei davon in der Mauer vor dem Eingang <zur Kirche> befestigt. Doch weshalb verweile ich hier länger, wo man doch allenthalben sehen kann, dass vieles dieser Art gewiß von vielen Päpsten der Basilika zugestanden und auch aus eigenem Antrieb gespendet wurde? Es liegt jedoch nicht in unserer Absicht, dies auszuführen. Also mögen andere berichten, welche großen Stiftungen die Basilika von einzelnen Päpsten erhielt.

71. Ich will mich also wieder meiner Aufgabe zuwenden und kehre zum Hochaltar zurück, von dem ich wegen so vieler Anlässe zu Berichten abschweifte. Dieser Altar erschien später durch allzu hohes Alter und Gleichgültigkeit der Menschen geradezu verletzt, und daher hat ihn endlich der ausgezeichnete Papst Calixtus der Zweite mit den heute noch sichtbaren herrlichen Marmorplatten neu aufgebaut und geziert und am Festtag Mariae Verkündigung bei zahlreicher Versammlung von Bischöfen und Priestern und unter dem Beifall der Menge hochfeierlich geweiht. Überdies gewährte er einen Sündenablaß auf drei Jahre, der stets für alle gelten sollte, die am Jahrtag andächtig herbeikämen. Die Apsis dieses Altares aber, die baufällig war, erneuerte Papst Severinus mit einem herrlichen Mosaik, das man heute noch sehen kann. Auch ließ Papst Innozenz der Dritte ein schönes Metallgitter anfertigen, das vor dem Schrein unterhalb des Altars aufgestellt ist und häufig von Leuten, die von überall her kommen, geküßt wird. Davon künden dort eingehauene Verse, die aber nicht eben formschön sind. Honorius ließ aber auch das Dach erneuern, nicht nur über dem Altar, sondern über der gesamten Basilika, und zwar mit Erzplatten, die er – auch mit Zustimmung des Kaisers Heraclius – von dem sogenannten Tempel des Romulus holen ließ. Außerdem fügte er noch vielen glänzenden Zierrat aus Gold und Silber hinzu. Aber auch Papst Formosus schmückte die Kirche mit allerlei wunderbaren Gemälden herrlich aus, und ebenso schmückte sie Symmachus mit schönen Marmorplatten.

72. Nicht minder hat Papst Donus den Platz unter freiem Himmel, der vor der Eingangshalle der Basilika liegt und den man Paradies nennt, mit großen weißen Marmorplatten prächtig gepflastert. Zudem hat Nicolaus der Dritte, der die ganze Kirche erneuern ließ, sie mit den Abbildern aller Päpste oberhalb der Säulenenden geschmückt; auch gestaltete er den Gottesdienst würdiger und vermehrte die Zahl der Kanoniker wie auch die Einkünfte aus Landgütern. Weiter erbaute er neben der Basilika einen herrlichen Palast und einen Zwinger, den wie eine Großstadt hohe Mauern umgeben. Auch fanden sich zahllose Förderer aus alter und neuer Zeit, die erhebliche Beiträge zu Erneuerung und Ausstattung der Basilika leisteten, wobei viele verschiedene Arbeiten, so wie es jedem gefiel, ausgeführt wurden. Ich will aber von diesen hier nicht im einzelnen sprechen; jedenfalls diente alles der Kirche stets zu großer Zier und Mehrung und brachte ihr hohe Würde und Wertschätzung, weil jene Spender so einzigartig für sie sorgten.

Drittes Buch

(73.) So herrschte natürlich bei allen Päpsten stets höchste Verehrung sowohl für die Basilika selbst wie auch besonders für den Hochaltar. Diese Verehrung war so stark, dass der Heilige Gregor an Constantia, die Stiefschwester des Kaisers, die wünschte, es sollten die Häupter der Heiligen Apostel Petrus und Paulus an sie übersandt werden, unter anderem schrieb: „Die Leiber der heiligen Apostel Petrus und Paulus erstrahlen in ihren Kirchen mit solchen Wundern und Schrecknissen, dass man zu ihnen nicht einmal zum Beten ohne große Furcht hintreten kann. Einmal sogar, als mein Vorgänger seligen Angedenkens eine Silbertafel austauschen wollte, die über dem hochheiligen Leib des Hl. Apostels Petrus liegt, allerdings 15 Fuß vom eigentlichen Körper entfernt, hatte er eine Erscheinung, die ihn nicht wenig erschreckte. Aber auch ich wollte in letzter Zeit etwas neben dem heiligen Leib des Hl. Apostels ausbessern; weil man aber neben dem Grab des Apostels etwas tiefer graben mußte, fand der Dompropst selbst einige Gebeine, die freilich nicht zu demselben Grab gehörten. Er wagte es, sie aufzuheben und an einen anderen Ort zu verbringen, doch erschienen ihm düstere Vorzeichen, und er verstarb plötzlich. Meine gnädigste Herrin mag daraus ersehen, dass es bei den Römern nicht Sitte ist, wenn sie Reliquien von Heiligen abgeben, es zu wagen, einen Körper überhaupt zu berühren; nein, eine <Berührungs->Reliquie wird nur in einem Behältnis übersandt, nachdem man sie neben die Leiber der Heiligen gelegt hat.“

74. Hier lässt sich passend berichten, was dem Heiligen Gregor selbst bei einem solchen Unternehmen gerade unterhalb des Altars des Heiligen Petrus Wunderbares und Staunenswertes zustieß. Als er nämlich einmal von einem vornehmen und mächtigen Mann durch Gesandte, die jener deshalb schickte, gebeten wurde, ihm einige Reliquien von den in Rom bestatteten heiligen Aposteln und Märtyrern zu übersenden, da hielt er es für angebracht, dem ehrenhaften Wunsch jenes Mannes zu willfahren, so weit es anging. Also feierte er, wie es einst Sitte war, zuerst die Messe mit der feierlichen Zeremonie der Konsekration über den heiligen Leibern; sodann ließ er sich die Tücher geben, über denen die Messe stattgefunden hatte, zerteilte sie, legte sie über die Reliquien der einzelnen Heiligen und verschloß die Tücher in jeweils eigenen Behältern, die er mit seinem Ring siegelte. So verschlossen übergab er sie den Gesandten, damit sie diese ihrem Herrn überbrachten. Da aber die Neugier der Menschen bei allem, was man nicht begreift, stets tätig wird, lösten die Boten die Siegel und öffneten die Kästchen. Als sie jedoch nichts als abgeschnittene Tuchstücke vorfanden, hielten sie sich für betrogen und kehrten zum Papst zurück, wobei sie sich beklagten, man habe ihnen zur Übertragung an ihren Herrn nicht das ausgefolgt, wofür sie auf so weiten und gefährlichen Wegen hergekommen seien.

75. Als der Papst jedoch den Sachverhalt erkannte, wandte er sich unverzüglich an Gott, hielt wiederum ein feierliches Hochamt und brachte dem Herrn innige und geschuldete Gebete dar. Darauf ließ er sich das Messer dessen aushändigen, der die Siegel erbrochen und die Kästchen geöffnet hatte. Sodann zerschnitt er unten am Altar des Heiligen Petrus vor aller Augen ein solches Tuchstück mittendurch, und das wurde vom sogleich dort herausfließenden Blut befleckt, als sei es schwer verwundet. Dieses erstaunliche und offenkundige Wunder versetzte die Gesandten in tiefen Schrecken; sie warfen sich auf die Knie und zur Erde und erflehten Vergebung für ihre Missetat. Sodann wurden sie vom heiligen Papst Gregor darüber belehrt, welche gewaltige göttliche Macht allein in diesen Tuchstücken wohne, auch, welche Kräfte des Verdienstes der Apostel und Märtyrer durch ihr vergossenes Blut und weiter durch die geheimnisvolle Macht des gefeierten göttlichen Sakramentes in jene Tücher geflossen seien. Dadurch wurden die Boten mit höchster Ehrfurcht und Freude zugleich erfüllt und kehrten, nachdem man die Kästchen wie zuvor versiegelt und verschlossen hatte, in ihr Land zurück.

76. Groß war, was der Heilige Gregor vollbrachte, nicht geringer aber das, was er an Theotistus und Adreas (Andreas?) von Wirkungen des Schlüssels St. Petri schreibt, wie folgt: „Ich habe den Schlüssel übersandt, der beim heiligen Leib des Heiligen Apostels Petrus lag. Mit diesem Schlüssel geschah nämlich folgendes Wunder, das ich berichte: Als ein Langobarde in eine Stadt der Transpadana kam und den Schlüssel vorfand, wollte er nicht recht glauben, dass es der Schlüssel des Heiligen Petrus war. Doch weil er sah, dass er aus Gold sei, wollte er sich etwas anderes daraus verfertigen und zog sein Messer heraus, um den Schlüssel anzuschneiden. Doch ergriff ihn ein <böser> Geist, und er stieß sich sogleich das Messer, mit dem er den Schlüssel hatte zerlegen wollen, in den Hals und fiel zur gleichen Stunde tot zu Boden. Da aber dort Antharicus, der König der Langobarden, und viele weitere Männer aus seiner Gefolgschaft anwesend waren, der Selbstmörder aber und der Schlüssel, jeder für sich auf der Erde lagen, ergriff alle heftige Furcht, so dass niemand es wagte, den Schlüssel vom Boden aufzuheben. Nun rief man einen katholischen Langobarden namens Minulfus herbei, von dem man wußte, er widme sich dem Gebet und den Werken der Nächstenliebe. Dieser nun hob den Schlüssel auf. Antharicus aber ließ wegen dieses Wunders einen zweiten goldenen Schlüssel anfertigen und sandte mit diesem an meinen Vorläufer seligen Angedenkens die Nachricht, welch großes Wunder durch den Schlüssel bewirkt wurde.“ Soweit Gregor.

77. Weil <Gregor> aber berichtet, jener Schlüssel habe sich in der Transpadana befunden, jedoch keinen eigentlichen Ort erwähnt, meinte ich, nicht übergehen zu dürfen, daß beim alten Lodi, einer römischen, von Pompeius dem Großen gegründeten Kolonie jenseits des Po, die auch meine Heimatstadt ist, heute noch ein eiserner Schlüssel vorhanden ist, den man entschieden als Schlüssel des Heiligen Petrus bezeichnet. Dieser Schlüssel wird sehr in Ehren gehalten, genießt höchste Verehrung und wird von den Nachbarn und ringsum wohnenden Gemeinden häufig aufgesucht. Dies geschieht wegen seiner ungemeinen und wunderbaren Kräfte, die er Tag um Tag zuverlässig beweist, wenn es um die Heilung verderblicher Bisse von Wölfen und tollwütigen Hunden geht, und zwar erfolgt dies in wundersamer und unerhörter Weise: Der Schlüssel wird nämlich zuerst in glühendes Feuer gehalten, und wenn er gehörige Weißglut zeigt, legt man ihn sodann auf das vom Biß verletzte Fleisch, und dabei zeigt sich keinerlei <weitere> Verletzung; Nein! Das Fleisch wird völlig unversehrt wieder hergestellt und heilt wie gewünscht.

78. Dieser Schlüssel befindet sich aber in jener Peterskirche, die dort in Lodi der selige Bassianus errichtete, Vorsteher und Patron dieser Stadt wie auch Bürger von Syrakus. Der Schlüssel wurde vielfach durch ausnehmende Erfolge berühmt, ganz besonders bei der Heilung von Aussätzigen. Die Verehrung des Schlüssels rührt wohl auch davon her, daß jener Bassianus sich als großer Verehrer des Heiligen Petrus zeigte und wegen dieser hohen Verehrung auch die Peterskirche von Lodi errichten ließ. Diesen Mann erwähnt auch nach Vollendung des Kirchenbaues der Heilige Ambrosius im ersten Buch seiner Briefe an … ; er war ja sein Zeitgenosse und ihm sehr eng befreundet. Vielleicht ist es aber glaubhaft, dass jener Ort der Transpadana, wo, wie Gregor berichtet, früher der goldene Schlüssel lag, kein anderer war als das von mir erwähnte alte Lodi. Jedenfalls liegt es jenseits des Po, wo sich Spuren eines ähnlichen Schlüssels gehalten haben, der ebenfalls nach St. Petrus benannt ist, auch in der Peterskirche <in Lodi> aufbewahrt wird und zudem ähnliche Wunderkräfte beweist.

79. Um nun zu anderem zu kommen: Derselbe <Gregor> sagt im dritten Buch seiner Zwiegespräche, er habe in der Basilika des Heiligen Petrus so viele Wunder erlebt, dass er gewiß, wollte er sie alle berichten, am besten gar nicht beginnen sollte. Deshalb erzählt er nur zwei große Wunder, die sich in der Basilika von St. Peter selbst ereigneten. Ich hielt es für passend, das, was er schrieb, im Wortlaut herzusetzen: „Noch leben“, sagt er „manche, die den Kirchenwächter Theodor kannten, durch dessen Anzeige ein höchst bemerkenswertes Ereignis bekannt wurde, das er erlebte. Als er nämlich in einer Nacht schon ziemlich früh aufgestanden war, um die Lichter beim Tor nachzufüllen, stand er, wie gewöhnlich, auf einer hölzernen Leiter unter einer Lampe und goß Öl nach. Da nun stand plötzlich der Heilige Apostel Petrus in weißem Gewand unten auf dem Boden und sprach zu ihm: „Miterlöster, weshalb bist du so früh aufgestanden?“ Nach diesen Worten entschwand er den Blicken des Beobachters, doch ergriff diesen ein solcher Schrecken, dass ihn alle Körperkräfte verließen und er viele Tage hindurch sich nicht von seinem Lager erheben konnte. Was anders wollte der Heilige Apostel Petrus seinem Diener durch die persönliche Erscheinung andeuten, als dass er selber alles, was jener für die Verehrung des Heiligen leistete, als stetigen Lohn und Dankesdienst ansah (?)“.

80. Ein anderer Kirchendiener, der, wie unsere Älteren berichten, dort vor nicht langer Zeit lebte, hieß Abundius. Er war ein Mann von vieler Demut und großem Ernst und diente dem allmächtigen Gott so treu, dass derselbe Heilige Apostel Petrus durch Zeichen die hohe Wertschätzung bewies, die er ihm entgegenbrachte. Als nämlich ein gelähmtes Mädchen sich dauernd in seiner Kirche aufhielt, auf Händen kroch, den kraftlosen Körper über den Boden zog und den Heiligen Apostel Petrus lang anflehte, sie möge der Heilung gewürdigt werden, da erschien ihr Petrus einst in der Nacht und sprach: „Gehe zum Hausmeister Abundius und bitte ihn, und er wird deine Gesundheit wiederherstellen.“ Da nun das Mädchen zwar von der bedeutenden Erscheinung überzeugt war, jedoch nicht wußte, wer Abundius sei, zog sie sich in der Kirche hier und dorthin, um herauszufinden, wer Abundius sei. Da begegnete ihr unerwartet der Gesuchte, und sie fragte ihn: „Bitte, Vater, sage mir, wer ist der Kirchendiener Abundius?“ Da entgegnete er: „Ich bin es selbst“, und jene rief: „Unser Hirte und Erhalter, der Heilige Apostel Petrus, sandte mich zu dir, denn du sollst mich von meiner Krankheit heilen.“ Da sagte er: „Wenn du von ihm selbst gesandt bist, dann stehe auf!“, und er ergriff ihre Hand. Sie aber erhob sich trotz ihres Zustandes sogleich, und seit dieser Stunde erstarkten an ihrem Körper alle Muskeln und Glieder, so dass von jener Lähmung fortan keine Spur mehr blieb.“

81. Diese Berichte entnahmen wir den Schriften des Heiligen Gregor, die vorzüglich sind und hoch über aller menschlichen Fähigkeit und Stärke stehen. Ich will dem Gesagten noch etwas hinzufügen, was sich in derselben Basilika am Hochaltar des Heiligen Petrus selbst ereignete; so will ich nun dieses bedeutende Geschehen berichten. Es ist jedenfalls nicht unbedeutender als alles bisher Erzählte, weder was die Größe des Geschehens noch was Gottes wunderbare Macht angeht. Das Werk Liber Moralium <in Hiob> nämlich, das der Heilige Gregor herausgegeben und dem Erzbischof Leander von Sevilla gewidmet <und gesandt> hatte (dieser war jedoch indes verstorben und der Heilige Isidor sein Nachfolger geworden), war in ganz Spanien durch die Nachlässigkeit der Menschen nicht mehr aufzufinden, Daher beschloß die Bischofskonferenz von Toledo, die damals in Anwesenheit von 30 Bischöfen und gemeinsam mit dem spanischen König Vindesind stattfand, es solle der Bischof Tagio von Saragossa, ein ausgezeichneter Mann und Bibelkenner, nach Rom zu Papst Johannes dem Vierten gesandt werden, um das Werk zu suchen und abschreiben zu lassen. Die Sache zog sich nun länger und umständlicher hin, als er gedacht hatte, und zwar wegen des plötzlichen Todes dieses Papstes und der Wahl Theodors des Zweiten, der sich in sein neues Amt erst einarbeiten mußte. Da Tagio aber eine große Verehrung für die Basilika St. Peter hatte, bat er indessen um die Erlaubnis, dort eine Nacht lang bei geschlossenen Türen zu wachen, und seine Bitte wurde, wie er sie vorgetragen hatte, erfüllt.

82. Als er nun dort wachte und besonders darum betete, er möge das Werk, um dessentwillen er gekommen war, auffinden, erschien ihm, während er Gott inständig beschwor, in tiefer Nacht eine große Schar von Vätern, die durch Miene, Gewandung und Gang hohe Würde und Erhabenheit ausstrahlten; sie schritten vom Tor der Basilika in doppelter Reihe zum Hochaltar vor. Jener sah sie nicht ohne Furcht, konnte aber, wie gebannt, seinen Platz nicht verlassen. Während die Schar nun dahinschritt, traten zwei der Männer zu ihm und fragten ihn nach Namen, Herkunft und Grund seines Besuches. Tagio antwortete ihnen, worauf der eine von beiden den Finger ausstreckte und ihm anzeigte, wo das Werk Liber Moralium, das er so sehr wünschte, verborgen lag.

83. Dadurch wurde unser Bischof nicht gerade frei von Angst, doch überwog die Freude, und er fragte, wer denn jener selbst sei, mit dem er eben rede, und was die übrige Versammlung von so hoch verehrlichen Vätern bedeute. Da sagte jener unverweilt: „Wisse, dass jene beiden, die du vor allen anderen Hand in Hand schreiten siehst, die Apostel Petrus und Paulus sind; die weiteren aber, die ihnen folgen, sind ihre Nachfolger als römische Päpste, und zwar in eben der Reihenfolge, wie einer dem anderen im Amt folgte. Ich aber bin Gregor selbst, dessen Werk Liber Moralium du mit solchem Eifer suchst und wofür du die weite, mühsame Reise unternommen hast.“ Jener aber, ergriffen von noch innigerer Freude, fragte: „Sage mir aber und zeige mir an, ob auch der Heilige Vater Augustinus hier bei euch ist, dessen herrliche Werke mich nicht weniger als die deinen stets beglückt haben.“ Gregor blieb noch stehen, als er den ruhmvollen Namen des Kirchenvaters vernahm, und entgegnete: „Nein, er ist keinesfalls hier, denn diesen großen und herrlichen Mann birgt ein weitaus höherer Ort als der unsere ist.“ Nach diesen Worten kehrte er mit seinem Gefährten alsbald zu den übrigen zurück, von denen er sich entfernt hatte. Und gleich sah der Bischof auch, wie der ganze heilige Zug vom Hochaltar nach großer Verehrung und Anbetung sich durch die Tore der Basilika in gleicher Ordnung wie beim Eintritt entfernte. All dies wahrlich Große und Wunderbare berichtete er dem Papst ganz so, wie er es gesehen hatte. Er nahm dann auch die Bücher der Moralien, derethalben er gekommen war, hoch erfreut mit sich nach Spanien.

84. Ich durfte hier diese hochbedeutende Sache nicht übergehen, die in den allermeisten Copien der Moralien in fast ganz Spanien der eigentlichen Vorrede vorangestellt ist. Dazu paßt noch ein weiterer Bericht zum Beweis für den hohen Ruhm desselben Heiligen Vaters Gregor. Die alten Überlieferungen besagen nämlich, dass Gott auf dem Hochaltar von Sankt Peter ein ungemeines und denkwürdiges Werk vollbracht hat. Nachdem nämlich Ambrosius und Gregor, beide große und heilige Kirchenlehrer und Bürger Roms, jeder nach seinem Können, Offizienbücher für den Gottesdienst herausgegeben hatten, entstand daraus unter den christlichen Priestern ein hitziger Streit, welches der beiden Werke man für den Gottesdienst vorziehen sollte. Nun beschloß die Versammlung, die zur Zeit des Papstes Hadrian stattfand, auch unter Beistimmung Karls des Großen, man solle beide Meßbücher auf den Altar des Heiligen Petrus legen, die Tore der Basilika verschließen und auch höchst sorgsam wachen. Die Bücher sollten aber die Nacht hindurch so liegen bleiben, und man solle mit unablässigen, würdig-frommen Gebeten Gott bitten, er möge durch ein besonderes Zeichen andeuten, welches den Vorzug verdiene. Und es kam so, wie man es gewünscht hatte. Als man nämlich am Morgen die Basilika betrat, fand man, dass das Meßbuch des Heiligen Gregor aufgelöst war und die Blätter hier und dort, wie gesät, am Boden lagen. Das Werk des Heiligen Ambrosius hingegen sah man allein und aufgeschlagen auf dem Altar liegen. Beim Anblick nun dieses Wunders erhoben alle ihren Geist zu höheren Gedanken und glaubten, nichts anderes sei ihnen angezeigt worden, als dass das Officium des Heiligen Ambrosius allein in der Kirche von Mailand verwendet, das des Heiligen Gregor jedoch überall in der ganzen Kirche zur Meßfeier gebraucht werden solle.

85. So muss sich auch niemand wundern, wenn die Päpste die Basilika des Heiligen Petrus überaus hoch schätzten, da Gott sie durch so große und wunderbare Zeichen hervorhob, und dass die Päpste diese Kirche durch große Vergünstigungen und Privilegien über alle anderen Kirchen stellten. Was hier zuerst auffällt, scheint sehr erwähnenswert: Wenn die Römischen Päpste den Erzbischöfen und Patriarchen in der ganzen Welt das Pallium übersandten, konnten sie keinen würdigeren und vorzüglicheren Ort finden, an dem diese höchst bedeutenden und herausragenden Gegenstände geweiht werden sollten, als eben diesen Ort des allerheiligsten Altares. Davon kommt auch, was der Legat der Heiligen Römischen Kirche spricht: „Empfange das Pallium, das den Leib des Heiligen Petrus berührte, zur vollen Bestätigung deines Amtes.“ Der Ort selbst unter dem Altar, den man Märtyrergrab (Confessio) des Heiligen Petrus nennt, wie auch die fromme Prozession und die feierliche Messe lassen die Weihung der Pallien mit Recht besonders erhaben und heilig erscheinen. Es werden dabei ja außer den Bußpsalmen und Litaneien und den sonstigen heiligen Glaubensgebeten auch die gleichen Texte, wie man sie am Festtag des Apostels Petrus singt, unter großem Jubel feierlich vorgetragen. Früher kam noch etwas hinzu, das nun irgendwie abgekommen ist, ein nicht geringer Anlaß zu Fröhlichkeit und Freude. Man tat nämlich nach Abschluß der göttlichen Tröstungen auch seinem Leib etwas zu Gute, und alle erhielten in Fülle den besten Wein, der mit köstlichen Aromen versetzt war.

86. Wir werden aber noch an anderem Ort von den hervorragenden und ausnehmenden Geschenken sprechen, die Päpste dem Altar zukommen ließen, weil sie diesen als einzigartig vor allen anderen ansahen. Papst Gregor setzte nämlich fest, dass dort auch kein Erzbischof oder Patriarch geweiht werden dürfe außer allein der Römische Papst, der nach Gregors Willen auch zum Altar des Heiligen Andreas hinabsteigen und dort geweiht werden solle; erst dann dürfe er zum Hochaltar zurückkehren und nun die heilige Messe feiern. Papst Gregor ordnete auch für die ganze Fastenzeit Bußprozessionen an, die er gemeinsam mit dem ranghöchsten <Priester>, mit den Sängern, den Pfarrern der Regionen Roms und mit Akolyten höchst andächtig feierte. Auch bestimmte er, was als höchste Ehrung und Vorzug für die Basilika St. Peter galt, man solle vom dortigen Hochaltar das Kreuz des Herrn nehmen und dem Büßervolk, wenn es zu den einzelnen Stationen schritt, stets vorantragen. Die Verehrung dieses Kreuzes war allgemein so groß, dass, wenn es einmal nicht vorangetragen wurde, die Leute sich nach allen Seiten davonmachten, weil sie meinten, ohne dieses Kreuz werde keine Stationsandacht bei Gott willkommen sein.

87. Wir lesen auch, dass Papst Simplicius wegen der zu Taufenden und wegen der Büßer festsetzte, dass in der Basilika St. Peter und in der Basilika St. Paul, die allgemein höher verehrt und angesehen waren, stets sieben Priester anwesend sein sollten. Und damit dies möglichst zuverlässig geschehe, habe er auch in der ganzen Stadt Rom fünf Regionen bestimmt, von denen Priester auszuwählen seien, die sich in diesem sakramentalem Dienst ablösten. Es waren dies St. Peter, St. Paul, St. Laurentius, St. Johannes vom Lateran und St. Maria Maggiore. Der Region von St. Peter nun habe er, weil sie ehrwürdiger sei, die erste Stelle zugewiesen. Als aber Bonifatius VIII. für die gesamte Welt ein Freudenfest der Art anordnete, wie es früher bei den Hebraeern üblich war, und dies alle hundert Jahre und sozusagen als Goldene Zeit, da meinte er, es seien als erste die Kirchen der Heiligen Petrus und Paulus würdig, so hohe Ehren zu erhalten; später weitete man diese auch auf andere Kirchen aus, wie wir ja sehen.

88. Zudem aber scheint die größte und höchste Würde darin zu liegen, wie wir oben in Buch I anführten, dass unsere Vorväter bestimmten, alle feierlichen und bedeutenden Bittgänge und Prozessionen sollten zur Basilika St. Peter führen. Nun ist rechtlich dafür gesorgt, dass in jeder Stadt jene Kirche die erste und Kathedralkirche ist, bei der sich die anderen Gemeinden zu Prozessionen treffen. Dies wird uns gewiß als überzeugender und sicherster Beweis höchsten Ranges und höchsten Vorzugs gelten, wollten doch die Römischen Päpste St. Peter über alle anderen Kirchen stellen, nämlich als einzige und heilige Mutterkirche von allen. Damit dies noch durch ein deutliches Zeichen hervorgehoben würde, beschlossen sie darüber hinaus, alle, wie viele es auch seien, die sich zu diesem Zeitpunkt dort versammelten, sollten, sozusagen als verdienten Lohn, 20 Soldi aus dem Spendengeld für den Hochaltar erhalten; dies bezeugt auch ein deshalb erstelltes apostolisches Dokument.

89. Ich will nun vom derzeit allgemein Geltenden sprechen. Papst Honorius legte nämlich durch besonderes Dekret fest, dass an jedem Samstag alle Prozessionen von der Kirche St. Apollinaris ausgehen, dann aber zur Basilika St. Peter kommen sollten, wenn nicht ein Festtag einfiele. Honorius selbst hatte nämlich die Kirche <St. Apollinaris> errichtet, mögen auch manche das Baudekret Papst Hadrian zuschreiben. Er hatte die Kirche mit voller Absicht dem Heiligen Apollinaris geweiht, um den Namen des Apollo (dem dort zuvor ein Tempel gewidmet und dessen Name allgemein gebräuchlich war) durch den ähnlich klingenden Namen leichter im Bewußtsein der Leute zu tilgen.Wir sahen auch in letzter Zeit eine riesige Schildkröte, gefunden unter dem Boden des alten Tempels; diese war von vielen, mächtigen Trümmern zerstörter Gebäude verschüttet; damals nämlich legte man die Fundamente, auf denen jetzt die Kirche des Heiligen Augustinus errichtet ist. Jener Tempel des Apollo stand nämlich dort, wo nach den Worten des Livius in früheren Zeiten die Flaminischen Wiesen waren und wo später auch der Flaminische Circus stand, der nach diesem Ort benannt wurde und gleich neben dem Tempel lag. Dort soll sich, wie Livius berichtet, auch der römische Senat manchmal versammelt haben, um jene Consuln anzuhören, die einen Triumph feiern wollten.

90. So sehen wir Gottes wunderbaren Ratschluß gewiß auch darin, dass nach seinem Willen in eben dieser Kirche später zur höheren Feier himmlischer Triumphe und zum Lob Gottes auf Anordnung des römischen Papstes eine Versammlung von Priestern stattfinden sollte. Mit vollem Recht aber wurde die Basilika St. Peter <allen anderen Kirchen> vorgezogen und besonders geehrt. Jede Gemeinde hat ja ihren eigenen Bischof und Patron, der die höchste Ehre in Kirche und Amt besitzt, dazu das Recht zu allen Zeremonien, auch das Recht, sein Bild auf Münzen einzuprägen und auf Fahnen sticken zu lassen. Ebenso besitzt Rom in Petrus seinen herausragenden Bischof und Patron, dessen Basilika es als Hauptkirche anerkennt und den es vor allen ehrt, auch sein Bild auf Münzen prägt und seine Fahnen damit schmückt. So hielten es auch die Heiden, die von Schutzgöttern (wir nennen sie Patrone) sprachen; die Römer erwiesen ihnen so hohe Verehrung, dass sie gewöhnlich diese Götter aus den Städten, denen sie Krieg erklären wollten, unter feierlichen Zeremonien herausriefen. Aus diesem Grund wollten sie auch, dass ihre Schutzgottheit unbekannt blieb, damit die Feinde sie gewiß nicht herausrufen könnten; allerdings habe ich einmal gelesen, es sei die Göttin Vesta gewesen.

91. Da dies so ist, wollen wir auch die weiteren Vorrechte unserer Basilika anführen, durch die sie nach Einrichtung der alten Väter mit gutem Grund vor allen anderen Kirchen bevorzugt erscheint. Was gäbe es Größeres als die Heiligsprechung, die man zu höherer Würde und Ehre dort feierlich vollzieht? Was auch wäre bedeutender als die Päpste selbst? Diese beschlossen auch, dass die Papstkrone nur in der Basilika selbst empfangen werden darf, und man übergab sie nur unter der Bedingung, dass die Gewählten, selbst wenn sie drei Tagereisen entfernt wären, Einzug in die Stadt halten müßten und unter Gebeten beim Hochaltar des Heiligen Petrus auf dem Thron ihrer neuen heiligen Macht Platz nehmen sollten. Weiter wurde bestimmt, dass sie bei der Krönung von den Kanonikern der Basilika selbst (diese sind ja ranghöher als die Priester aller anderen Kirchen) aufzunehmen seien, und dass jene ihnen Treue und Gehorsam zu leisten hätten. Dann aber, nach Vollzug aller feierlichen Akte, hielt man es für würdig, dass der Papst ein Pferd besteige und sich zu Freude und Fröhlichkeit des Volkes öffentlich zeige. Hier darf man wohl nicht verschweigen, dass, wie wir eigens lesen können, Hadrian der Zweite und Stephanus der Fünfte an einem anderen Ort erwählt und zum Lateran geführt wurden, wo damals die Päpste wohnten; danach aber hätten sie die Basilika des Heiligen Petrus zu Weihe und Krönung aufgesucht.

92. Wer aber ist ausgezeichneter als die Kaiser? Ihnen setzen die römischen Päpste nirgendwo anders <als in St. Peter> die Krone auf, und dies geschieht mit solcher Verehrung für die Basilika selbst und stärkster Betonung ihres Vorrangs vor anderen Kirchen, die kein solches Recht besitzen. Daher muss ein Kaiser vor <der Krönung> von der ganzen Versammlung der Kanoniker als Bruder aufgenommen, mit allen kanonischen Gewändern bekleidet und so selbst Kanoniker werden. Und als einst <Kaiser> Friedrich der Erste wegen eines Zwistes, den er mit dem Papst hatte, anderswo, mag sein in Rom, gekrönt worden war, wollte er nach seiner endlichen Aussöhnung mit dem Papst noch einmal gekrönt werden, und zwar in der Basilika des Heiligen Petrus. Er wollte auch zuvor das Kleid eines Kanonikers anlegen und wie alle anderen als Kanoniker gelten; galt ihm dies doch als höhere Bestätigung für Krönung und Herrschaft. In unseren Zeiten aber wünschte Friedrich der Dritte nach Empfang der Krone durch Papst Nicolaus den Fünften, zu dem Ort emporzusteigen, wo das heilige Schweißtuch unseres Erlösers würdig und hochverehrt aufbewahrt wird; und während er vor großem Eifer glühte, es zu sehen und es zu berühren (was nur Kanoniker dürfen), wurde ihm dies nur deshalb erlaubt, weil er Kanoniker der Basilika des Heiligen Petrus war. Auch durfte er erst hinaufsteigen, als er dasselbe Gewand und denselben Ornat angelegt hatte wie die übrigen Domherrn.

93. Nicht anders steht es mit den Königen, die gewöhnlich auch in der Basilika St. Peter die Gewänder von Kanonikern anlegten, unter die anderen Kanoniker aufgenommen und vom römischen Papst gesalbt wurden. So war es nach der Überlieferung auch bei Pippin, dem Sohn Karls des Großen, der von Papst Hadrian in eben dieser Basilika getauft wurde, und so auch bei zwei Söhnen Pippins, die vom Papst selbst als Könige gesalbt wurden, nämlich Pippin der Zweite und Ludwig. Der erstere gewann die Königsherrschaft über Italien, der zweite aber die über Aquitanien. So lesen wir auch von den Königen Karl I. und Karl II. von Sizilien diesseits und jenseits des Pharus, dass sie der Basilika selbst viele Stiftungen machten und sich in den Stiftungsurkunden des Titels eines Kanonikus der Basilika des Heiligen Petrus rühmten. Dies bemerken wir zu den Krönungen.

94. Nun aber ist von den Bestattungen zu sprechen, die, wie man glaubt, den Päpsten keine geringe Würde verleihen. Es steht ja fest, dass die Leiber aller Päpste (mit Ausnahme ganz weniger) in der Basilika des Heiligen Petrus ruhen. Und wenn sie etwa zufällig anderswo bestattet waren, wurden sie schließlich unter großen Ehren dorthin überführt, um als Söhne ihre wahre Mutter zu erkennen; ihre wahren Väter hatten diese sehr wohl gekannt, wollten sie doch nirgendwo anders als dort ruhen. Dazu gehört auch das nicht geringe Privileg, das den Kanonikern erteilt ist, nämlich dass allein sie die Bahre, auf der die verstorbenen Päpste liegen, auf ihren Schultern tragen dürfen. Die Päpste also sind, wie wir sagen dürfen, ebenso dort bestattet wie die größten Könige und Fürsten, die etwa bei einer Reise nach Rom dort verschieden sind.

95. Etwas dieser Art wird von Otto dem Zweiten überliefert, der unter Papst Benedikt VII. nach Rom kam. Ebenso von einem König der Angeln und Sachsen, der noch als Heide viele Kriege tapfer geführt hatte, sich schließlich aber zum Christentum bekehrte, nach Rom kam und, von Papst Sergius in der Basilika St. Peter getauft, den Namen Petrus empfing. Er wurde, als er bald danach starb, dort bestattet, wo er die Taufe empfangen hatte, weil dies ein besonders würdiger Ort war. Ähnliches bezeugt auch das Epitaph einer gewissen Kaiserin Agnes, das heute noch samt ihrem Grab vorhanden ist, und zwar neben dem Altar der Heiligen Petronilla. Wir haben, damit jedermann versteht, wie hoch jene die Basilika Sankt Peter vor allen anderen schätzte, die Grabschrift im Wortlaut hier beigefügt: „Im Jahr 1577 seit der Fleischwerdung unseres Herren Jesus Christus, in der ersten Indiktion, im 5. Jahr des Pontifikats des Herrn Papst Gregor VII., gab Kaiserin Agnes, Hoheit, im 22. Jahr nach dem Tod ihres Gatten, des Kaisers Heinrich II., am 14. Dezember ihre an guten Werken reiche Seele im Lateran ihrem Erlöser, dem Gott aller Guten, zurück. Und hier, wo sie zuvor als Kaiserin geweilt hatte, hat sie dem Pförtner des Himmels, aus Zuneigung zu dem sie hierher gepilgert war, am 6. Januar die Glieder ihres Leibes in Frieden anvertraut, hoffend auf selige Auferstehung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes. Amen.“

96. Gewiß war die Verehrung dieser Kaiserin für die Basilika Sankt Peter im Leben und im Sterben ausnehmend groß, und großartig war auch ihre Ansicht über Hoheit und Erhabenheit der Kirche. Nicht geringer zu schätzen ist aber auch, wie wir lesen, die Großtat, die eine andere Kaiserin, Theodora, noch zu Lebzeiten für Rang und Ruhm von St. Peter vollbrachte. Als sie nämlich den Papst Vigilius, den sie mit unstillbarem Haß verfolgte, durch einen gewissen, nach Rom entsandten Anthemius verhaften und zu sich führen lassen wollte, verbot sie diesem sogar durch besonderen Befehl, dem Papst in der Basilika des Heiligen Petrus irgendwie Gewalt anzutun; dies tat sie aus Ehrfurcht vor diesem gotterwählten Ort, während sie durchaus erlaubte, den Gesuchten an jedem anderen heiligen Ort zu ergreifen.

97. Von solcher Art und von höchster Bedeutung ist auch fologendes, was man von Karl dem Großen berichtet: Er habe die Basilika St. Peter vor allen anderen heiligen Orten der Welt stets am höchsten verehrt, und zwar so, dass er sie nicht nur, wie im vorigen Buch berichtet, vor jeder feindlichen und barbarischen Gewalt schützte, sondern sie auch darüber hinaus mit zahlreichen Geschenken von Gold, Silber und Edelsteinen schmückte und bereicherte. Auch wollte Kaiser Karl zur Zeit des Papstes Hadrian, den er später in höchstem Maß verehrte, Rom unbedingt einmal zu persönlicher Andacht besuchen. Daher ließ er sein Heer stehen und nahte sich Rom in der Weise, dass er etwa eine Meile zuvor vom Pferd stieg, seine Seele zu tiefster Demut stimmte und zu Fuß weiterging. So pilgerte er zuerst zur Basilika des Heiligen Petrus, die er unbezweifelt für die würdigste Kirche hielt. Er zog aber am Ostersamstag so in sie ein, dass er erst alle Stufen, auf denen man dort emporsteigt, einzeln höchst andächtig küßte, wobei ihn der römische Papst Hadrian erwartete und ihn oben an den Stufen voller Freude umarmte.

98. Wie groß aber sind Preis und Ruhm jener Basilika deshalb, weil Kaiser Karl nach dem feierlichen Ostergottesdienst dem Papst Hadrian viele Städte und Orte zum Geschenk machte, unter anderen Perugia, Fiesole, Chiusi, Bolsena, Assisi (?), Suria (?), Monte Bardo, Parma, Reggio, Mantua, Monte Silice, den ganzen Exarchat Ravenna, zu dem auch Bologna gehört, dazu die Provinzen Venetien und Istrien, die ganzen Herzogtümer Spoleto und Benevent, ferner die Insel Corsica; eben diese schenkte er, wie er betonte, vor allem dem Heiligen Petrus, sodann aber dessen Nachfolgern. Und was zu höherer Bestätigung dient: Auf dem Altar von Sankt Peter, später darunter, im unteren Grabraum des Heiligen, legten der König selbst und seine Fürsten die Schenkungsurkunde nieder und versprachen dem Heiligen Petrus und seinem Nachfolger Hadrian, sie wollten alles, was darin enthalten sei, stets treu bewahren, wozu sie sich mit einem furchtbaren Eid verbanden. Auch legte Kaiser Karl eigenhändig ein Exemplar dieses Dokumentes innen auf den Leib des Heiligen Petrus; unter dem Dokument lagen die Evangelien, damit die Wahrung des Inhaltes und das künftige Gedenken noch besser gesichert sei.

99. Großartig und hervorragend ist auch folgendes: Als Karl unter Papst Leo dem Dritten Rom ein andermal zur Pilgerschaft besuchte und sich der Stadt auf etwa eine Meile genähert hatte, ließ er, ganz wie er es unter Hadrian gehalten hatte, sein Pferd sogleich stehen und suchte vor allem zu Fuß die Basilika des Heiligen Petrus auf, und dies aus Ehrfurcht vor den Aposteln und den vielen anderen heiligen Märtyrern, durch deren Blut, wie er selbst sagte, jene Kirche geheiligt sei. Auch wurde er dort höchst ehrenvoll von Papst Leo selbst, dem Nachfolger Hadrians, empfangen und übergab diesem wertvolle, höchst reichliche Geschenke. Am nächsten Tag besuchte der Kaiser alle weiteren berühmten Basiliken der Stadt und beschenkte diese ebenfalls, je nachdem es ihnen auf Grund ihres Ranges zukam. Hier ist anzufügen, was wir im vorhergehenden Buch nach dem Dekret des Papstes Leo IV. berichteten, nämlich dass Kaiser Karl zu anderer Zeit, als er Rom von der Belagerung durch die Sarazenen befreit hatte, nach Apulien zog und es dem Heiligen Petrus und Rom unterwarf.

100. Übergehen darf man auch nicht, was wir lesen: Die Markgräfin Mathilde habe die Basilika Sankt Peter so sehr geschätzt, dass sie ihr zur Mehrung des Lichterschmucks die Romagna mit allen Städten und Rechten als gebührende Gabe überschrieben habe. Dafür geht heute noch eine damals gemachte denkwürdige Äußerung von ihr allgemein um. Obschon sich nämlich das geschenkte Territorium über hundert Meilen erstreckte, nannte sie es nur „ein bescheidenes Stück Land“. Auch darf man nicht übergehen, daß Adolf (eigtl. Ethelwald), der König der Angeln (in Schleswig), der zuvor die Königsherrschaft in ganz Gallien besaß, unter Papst Leo dem Vierten einmal, bewegt von tiefer Frömmigkeit, nach Rom reiste; als er dort bemerkte, welchen Rang und welche Hoheit die Basilika St. Peter besaß, bot er ihr von jedem Haus seines Reiches als Abgabe einen Silberpfennig, der Striling heißt. Der Brauch dieser Abgabe blieb lange Zeit erhalten, kam jedoch später ab. Den Angeln schlossen sich die Iren an, die denselben Brauch lang befolgten, auch die Dacer und einige weitere Nachbarvölker der Genannten. So viel galt die Basilika bei allen Völkern, und sie stand auch bei diesen stets in hohen Ehren.

101. Da verwundert es nicht, dass später die Päpste dieser Kirche alle zuvor genannten Privilegien bestätigten. Und während zudem andere Kirchen andere Oberherren haben, denen sie unterstellt sind, beschlossen die Päpste durch besonderen Rechtserlaß, dass allein diese Kirche es sein solle, die nur ihnen unterstellt sei und der sie zu befehlen hätten. Sie betonten auch durch eine einzigartige Verpflichtung, die Baulast obliege ihnen, wenn an der Kirche etwas zerfalle und zu erneuern sei. Bei den übrigen Kirchen wollten sie keineswegs zur Wiederherstellung verpflichtet sein, es sei denn, ihr Herz hänge daran. Auch übernahmen die Kanoniker von St. Peter freiwillig die Reparaturkosten in solchen Fällen, doch verpflichteten sie sich in großzügiger Weise (wie wir oben in Buch drei von Eugen dem Dritten sagten), den vierten Teil der Opfergelder für den Hochaltar abzutreten, und solches Entgegenkommen zeigten sie anderen niemals. So kam es wohl auch, dass Papst Calixtus beim Erstellen einer Rechtsordnung es Laien verbot, Spenden wegzunehmen, die für Altäre der römischen Basiliken eingingen. Dabei nannte er an erster Stelle die Basilika des Heiligen Petrus und stellte sie über alle anderen. So hat auch Papst Urban, als er in einem Erlaß von der riesigen Schenkung Kaiser Constantins für die katholische Kirche sprach, betont, dieser habe die Erbauung der Kirche für den Herrscherthron des Heiligen Petrus begonnen und dabei sogar die kaiserliche Residenz zur Verfügung gestellt, damit sie dem Heiligen Petrus und seinen Nachfolgern dienlich sei.

102. Davon kommt auch, wie ich meine, dass alle Päpste, wenn sie über den Vorrang der römischen Kirche vor allen Kirchen aller Welt etwas festlegten und bekanntgaben (dies erlaubte auch Kaiser Focas dem Papst Bonifatius III., wie im vorangehenden Buch zu Beginn erwähnt), sie dies stets von der Würde des Heiligen Petrus ableiteten. Er ja sei es gewesen, dem als einzigem unser Herr Christus seine gesamte Macht und jegliche Herrschaft übertrug. Er wollte auch zweifellos alle höchsten Ehren diesem Thron, der allen Völkern Recht sprechen soll, erwiesen sehen, ebenso der Basilika, in der der Gottesdienst stattfinde. Und dies mit vollem Recht. Niemand nämlich, der bei klaren Verstand ist, wird leugnen, dass die Basilika in jener Stadt, die wegen des Stuhles Sankt Peters mit allgemeiner Zustimmung als die erste unter allen gilt, auch vor allen Basiliken den Vorzug verdient; sie dient ja Petri Namen und seiner Verehrung, da dort der hochheilige Leib St. Peters ruht. Deshalb müssen auch die Bischöfe nach pontifikalischem Recht schwören, jedes Jahr entweder persönlich oder durch einen Nuntius den Römischen Stuhl zu besuchen, es sei denn, sie würden eigens davon befreit. So sehen wir, dass der römische Stuhl mit Recht apostolische Schwelle (Limina) genannt wurde, weil dies besonders würdig und prächtig klingt. So kam es auch, dass der Papst Anacletus aussprach: „Der höchste Amtssitz ist durch die Wohltat des Himmels die Kirche von Rom, welche die Heiligen Petrus und Paulus durch ihren Bekennertod geheiligt haben.“

103. Mit gutem Recht schreibt auch Papst Julius an die Kirchen im Osten unter anderem folgendes: „So wie der Heilige Apostel Petrus der erste unter allen Aposteln war, so soll auch diese Kirche, die seinem Namen geweiht ist, nach Gottes Willen die erste sein und das Haupt aller anderen. Und an ihr sozusagen als Mutter und Lenkerin soll man sich in allen wichtigeren Rechtsfragen der Kirche und in den Urteilen der Bischöfe ausrichten, und alle Entscheidungen sollen sich an Roms Richterspruch orientieren.“ Auch dürfe außer dem römischen Pontifex niemand etwas dieser Art entscheiden. Und als Johannes VIII. an König Ludwig über die Benennung der Jahre schrieb, äußerte er: „Die Privilegien der heiligen römischen Kirche, die sie auf dem festen Grund des Felsens Petri erhielt, sind durch keine Termine eingeschränkt und nicht durch Reichsteilungen präjudiziert.“ Alle diese Rechte sind bedeutende Zeugnisse für den Vorrang unserer Basilika. Doch wollte Gott diese Rechte noch weit mehr durch sachliche Verhältnisse, die man täglich sieht, bekräftigen und vermehren und bewies so auch selbst sein wunderbares, stets segensreiches und heiliges Urteil durch die Erhöhung der Basilika. So zeigt es sich, dass auch die Kirche des von Gott allen anderen vorangestellten Apostels vor den übrigen Basiliken mehr durch göttlichen als durch menschlichen Ratschluß erwählt wurde.

104. Weil nun die Päpste dort nicht recht wohnen konnten, verminderte dies bei manchen Leuten auch etwas ihre Autorität; in jüngster Zeit jedoch wurde ein nobler und prächtiger Palast als ihre Wohnung erbaut. Der Bau wurde unter Papst Nicolaus III. unternommen (wie im vorhergehenden Buch angezeigt), von Eugen IV. sodann mit hohem Aufwand erneuert, und schließlich hat Nicolaus V. den Palast durch vornehmeren und prächtigeren Ausbau wie auch durch Schmuck erhöht und erweitert. Er fügte auch zur Abwehr stärkerer Winde Glasfenster hinzu, die ausnehmend schön gemalt sind, und so hat er nicht nur den Palast selbst, sondern darüber hinaus die ganze Basilika durch ein wahrhaft herrliches Kunstwerk verschönt. Zudem baute er das Grabmal Kaiser Hadrians in eine Festung um, mit der sich keine andere auf der der ganzen Welt messen kann. Dadurch wurde auch seine Stellung durch wirksameren Schutz befestigt und gegen alle äußere Gewalt und gegen Unrecht sicher und unangefochten bewahrt. So kam es, dass die Basilika des Heiligen Petrus durch die Gegenwart des Papstes ausgezeichnet ist und von einer zahllosen Menge von Menschen aller Art, großer wie geringerer, besucht wird, die sich an den Papst wenden. Während wir nun sehen, dass andere Kirchen an Bedeutung verlieren, genießt St. Peter weit höheren Ruhm und Glanz.

105. Hinzu kommt der Gottesdienst, der dort mit höherer Sorgfalt und Würde gehalten wird als andernorts. Größer ist auch das Kollegium der Diener Gottes, das ausgezeichnet ist durch eine höhere Zahl gelehrter und gewichtiger Männer, unter die gezählt zu werden sich jedermann sehnlich wünscht. Zudem wurde die Dienerschaft zum Erhalt der Basilika vermehrt und zugleich verbessert. Doch auch die heiligen Gerätschaften, die zu Schmuck oder Gottesdienst bereit stehen, sind an Zahl, Zier und Wert ausgezeichnet und hervorragend, wodurch die Basilika auch viel höheren Rang und Majestät bei allen beanspruchen darf. Als etwas Großes muss es aber auch gelten, dass früher, als die Päpste anderswo wohnten, die Basilika allein schon so geschätzt und hochgehalten wurde, wie oben berichtet. Immer fanden dort ja alle großen und bedeutenden Ereignisse statt, und bedeutsame Szenen mit kirchlichen und kaiserlichen Zeremonien und Feierlichkeiten gingen vor sich. Wenn jemand nun alles Einzelne, was wir vortrugen, sorgsam betrachtet, wird er gewiß zu folgendem Urteil gelangen: Diese bedeutenden und würdigen Vorgänge bilden starke Ruhmeszeichen und Beweise für die Erhabenheit der Basilika, die alle anderen Kirchen der Welt übertrifft.

Ende des dritten Buches. Beginn des vierten.

Viertes Buch

(106.) Nun wollen wir zu anderen Dingen in der Basilika, die freilich nicht so hohe Würde besitzen, etwa zu Altären oder Kapellen, herabsteigen. Zuerst muss man sehen, dass mit dem Hochaltar und dem Chor der Basilika eine Kirche verbunden war und sich nach außen erstreckte. Sie war größer als eine Kapelle, und wir haben sie zu unserer Zeit noch gesehen, während sie jetzt zerstört ist. Als nämlich Nicolaus V., der vor allen Päpsten den größten Ruhm als Bauherr genoß, sein neues, mächtiges Gebäude an den Chor der Basilika anschließen wollte (er wurde aber vom Tod ereilt und hinterließ es unvollendet), da wurde zuerst diese Kirche abgerissen. Sie war aber ein edles Bauwerk, groß, mit vielen Marmorsäulen errichtet, doch kümmerte man sich wenig um sie, und sie wurde kaum noch besucht. Das unwissende Volk nämlich träumte sich etwas zusammen und behauptete, es sei dies das Grab des Heiligen Petrus, und er habe zu Lebzeiten sogar dort gewohnt. Wer nämlich möchte bei gesundem Verstand behaupten, der Heilige Petrus habe sich dort Gebeten und sonstigen heiligen Handlungen widmen können, wo zuvor der Circus war (in Buch eins oben ist darüber ausführlich gesprochen), wo Nero, jener gräßliche Auswurf der Natur, der auch Petrus zu Tode brachte, alle Ausschweifung und Raserei, dazu auch jegliche Grausamkeit und Unmenschlichkeit besonders gegen die Christen ausübte?

107. Die erwähnte Kirche war jedoch zum Andenken an Probus errichtet worden, und zwar von seiner Gattin Proba; dieser Mann stand in seiner Generation an höchster Stelle und verwaltete in seinem Leben viele, herausragende Ehrenstellen. Als er Praefectus Praetorio war (so berichtet der Heilige Bischof Paulinus von Nola), sei auf seinen Rat hin Ambrosius zum Ratgeber erwählt worden. Danach habe Ambrosius sogar die Consulswürden erhalten, um die Provinzen Ligurien und Aemilia zu verwalten; so kam er nach Mailand. Sein größter Ruhmestitel nun ist folgendes: Als er noch ein Heide war, aber bereits in allen Wissenschaften gebildet und in der Philosophie sehr bewandert, wurde er von Kaiser Constantin auserwählt, um sich die verschiedenen Ansichten des Athanasius, Arius, Sabellius, Photinus über den katholischen Glauben anzuhören und dann zu beurteilen, welche der Wahrheit am nächsten komme. Ambrosius hörte alle diese an und verstand sie so, dass er den Glauben, den Athanasius bekannte, unbedingt anriet, billigte, als den wahrsten beurteilte und zu übernehmen empfahl. Und indem er selbst sein Urteil fällte, nahm er gern und freien Willens eine Lehre an, die er zuvor heftig abgelehnt hatte. So hoch schätzte er Athanasius, der so aufrichtig und mutig argumentierte, jenen Athanasius, der durch Gelehrsamkeit, Verteidigung des heiligen Glaubens, auch durch verdienstvolle und fromme Lebensführung sich als sehr großen Mann erwies. Wegen der schweren, grausamen und langen Verfolgungen, die er wegen seines Festhaltens am Glauben erlitt, muss man ihn wohl nach Verdienst den heiligen Märtyrern gleichsetzen.

108. In diese Kirche also trat ich etwa sechs Monate vor ihrem Abriß ein, wobei ich nicht weiß, welcher Geist mich trieb. Ich hatte nämlich Buchstaben gesehen, eingeschrieben in Marmortafeln, die auf Säulen an der Front und an beiden Seiten standen. Diese Buchstaben habe ich mit großer Mühe aufgeschrieben (sie waren nämlich durch Moos, das dort überall wuchs, beinahe verdeckt). Und hätte ich sie damals nicht aufgezeichnet, wäre die Inschrift völlig verloren gegangen. Kurz danach nämlich wurden diese Marmortafeln wegen ihrer Größe und Schönheit mit hohem Nutzen beim Neubau verwendet. Die Inschrift aus diesen Buchstaben enthielt aber Verse zu Lob und Gedächtnis des genannten Probus, und die Verse zeigen klar an, dass er sich als Praefectus Praetorio und schon in höchstem Alter zum Christentum bekehrte (wie schon oben berichtet). Als man aber die Fundamente weiter unten ausgrub, fand man unter dem Schutt seinen marmornen Sarkophag mit eingemeißelten religiösen Darstellungen. Es lag jedoch viel Gold darin, das seinen Gewändern eingewebt war. Nun dient <der Sarkophag> in der Kapelle des Heiligen Apostels Thomas als Becken der Taufquelle. Doch wollen wir auch die Verse selbst hören:

109. Nun vom Äußern befreit durchmißt du in großem Laufe
Jetzt des Äthers Raum, gänzlich von Sünde frei.
Wie dein Name besagt, war stets rechtschaffen dein Wandel;
Rechtschaffner bist du jetzt, da du vom Jordan getauft.
Reich warst du an Schätzen, an Ehren, von ruhmreichem Stamme,
Warst als Consul berühmt, würdig des Consul-Ahns.
Zweimal warst du Praefekt, beherrschtest zahlreiche Völker,
Doch übersteigst du weit Titel und Ehren der Welt,
Du, der noch als Greis die Gabe Christi empfangen.
Wahrer Adel ist dies, dies auch wahrhafter Rang.
Früher erfreutest du dich der Tischgemeinschaft des Kaisers,
Angesprochen vom Herrn, wie auch gewürdigt als Freund.
Nun stehst du näher Christus als seiner Heiligen einer,
Freust dich am neuen Licht, Christi Licht wohnt dir bei.
Niemals weinten um dich die Deinen, während du lebtest
Und der Geist deinen Leib und deine Glieder regiert.
Damals warst du der Erste, an Leistung gleich deinen Vätern;
Neugeboren bist du ewiger Ruhe gewiß.
Dich befleckt keine Schuld, du trägst nun weiße Gewänder,
Wohnst in neuem Haus, alles ist dir noch neu.
Dies sei Trost für die Deinen, doch braucht es nicht Tröstung der Trauer;
Ist Christi Gnade am Werk, fehlt es weiter an nichts.
Glücklich lebt er nun im ewigen Paradiese,
Der neue Kleider empfing, himmlische Gabe im Tod.
Belial wich bei solchem Scheiden zurück und klagte
Seufzend, weil ihm nichts hier zu holen mehr blieb.
Führe, Christus, ich bitte, nun Probus zu himmlischen Chören;
Nun besinge er dich, sehe dich Huldvollen stets,
Stets von dir geliebt an deinem Antlitz er hänge,
Stehe den Nachkommen auch, stehe der Gattin nun bei.

110. Dies war die Grabinschrift für Probus. Ihr schloß sich eine zweite an, für ihn und seine Gattin Proba zugleich, und zwar folgende:

Wer auch immer du bist, der das hohe Grabmal bewundert,
Sagen wirst du: Hier ruht Probus, ein großer Mann.
Höher stand er als Consul-Ahnen und Schwiegerväter,
Weil er als Consul zwei Sippen begründet hat.
Viermal war er Praefekt, es liebten ihn alle Völker;
Auch erreichte sein Ruhm alle Menschen der Welt.
Weshalb lebte er, der, Rom, dir ewige Dauer
Wünschte, nicht lange genug, um dich glücklich zu sehn?
Als er nämlich sechzig der Jahre durchmessen hatte,
Wurde den Armen er seiner Gemahlin entrückt.
Nie jedoch ist uns Probus bei solchen Verdiensten entrissen,
Glaube nur, Rom! Er lebt, wohnt bei den Sternen nun.
Freund war er von Tugend und Treue, von Ehrfurcht und Ehre,
Geizte bei anderen nie, freigebig war er stets.
Doch seiner Gattin war es ein Trost in all ihrer Trauer,
Dass ein einziges Grab beide Gatten hier birgt.
Glücklich warst du, ach, allzu glücklich, so lange du lebtest,
Würdigen Mannes Weib, würdig verbunden im Grab.

111. Hinter dieser Kirche aber war ein hochgelegener, alter Friedhof der Christen, gleich an dem Hügel, den wir heute noch sehen; ganz oben stand eine halb verfallene Kapelle. Als diese aber abgerissen war, fand man darunter einen auffallenden Ort, zur Bestattung von Heiden angelegt, der auch Urnen enthielt, die nach deren Sitte mit Asche gefüllt waren. Was jedoch den christlichen Friedhof angeht, so fanden sich dort viele stattliche Marmorgräber, darunter eines, welches das Grab des Papstes Leo war. Als dies der Baumeister erfuhr, der den Abriß leitete, setzte er sogleich den Papst in Kenntnis, und dieser befahl mir, mich dorthin zu begeben, um von mir genauer zu erfahren, worum es sich handelte. Ich fand aber dort ein Grab, das mit einem weiteren Marmorblock bedeckt war, auf dem nur ein Vers stand, der lautet: „Leo, dem seligen Papst, widmet den schmückenden Stein Agnellus der Presbyter.“ Ich möchte aber annehmen, dass dieser Agnellus ein lieber und vertrauter Begleiter <des Papstes Leo> und ein guter Mann war, der den Gebeinen eines großen Papstes die geschuldete letzte Ehre erwies. Vermutlich lag der von jenem beigesetzte Leib zuerst lange dort, und ich vermute dies auf Grund der angeführten Grabinschrift. Es steht ja sicher fest, dass Papst Sergius, von einer göttlichen Vision gemahnt, Leos Leib <später nach St. Peter> übertragen ließ.

112. Nun folgt dort, und zwar in gerader Linie, gleich eine andere größere Kirche, die ebenfalls am Fuß des Hügels steht, dort, wo der Circus begann, Sie wurde errichtet zu Ehren des Heiligen Stephanus, und ich lese bei einem alten Historiker, dass sie Catafarfara Patricia genannt wurde. Benedikt X. aber nennt sie in einer Privileg-Urkunde Catagalla Patricia. Es war dies aber in früheren Zeiten nur eine Kapelle, doch wurde diese später, wie wir <heute> sehen, vergrößert und erweitert. Die Kapelle ist übrigens durch schlechte Menschen beschädigt, zum größten Teil zerfallen und völlig unbewohnbar. Ich habe aber, obschon vielfach in alten Schriften davon die Rede ist, nichts Älteres darüber gelesen als die beiden Marmortafeln an beiden Seiten der Kapelle der Heiligen Maria bei den Schranken, die Gregor III. verfaßt hat. Wir sehen dort, dass er manches, was wir weiter unten, wenn wir zu dem alten Oratorium selbst gekommen sind, anführen werden; er legt da fest, was die Congregationen dreier Klöster zu beachten haben, die bei der Basilika St. Peter liegen und dieser unterstellt sind. Es sind die Klöster der Heiligen Johannes und Paulus, des Heiligen Stephanus und des Heiligen Martin.

113. Man muss also wissen, dass vor <Gregors III.> Zeit schon drei Klöster errichtet waren, und zwar neben der Basilika. Dort wohnten die Kanoniker der Basilika, die täglich die heilige Messe lasen; sie wohnten jeweils in ihrem Kloster, hatten aber gemeinsame Einkünfte. Es waren folgende Klöster: Nämlich 1. das Kloster der Heiligen Johannes und Paulus, über das im letzten Kapitel ausreichend die Rede war. 2. Das des Heiligen Stephan, von dem wir eben sprechen. Ich konnte dessen Begründer, obschon ich eifrig suchte, nicht finden, weder bei den Historikern noch in den eigenen Privilegienbüchern der Päpste, die sonst solche Dinge genau verzeichnen. Es ging ja sehr vieles, was sich auf die Basilika bezog, verloren, so dass man mit Schmerz erleben muss, wie Gleichgültigkeit oder böser Wille von Menschen alles verkommen läßt, zerstört und vernichtet. So viel steht aber fest, dass Papst Hadrian, um für den Unterhalt der Basilika besser zu sorgen, den er ungeordnet und vernachlässigt fand, nicht nur <alle Einkünfte> wieder hergestellt, sondern sie auch vermehrt und durch viele und große Zuwendungen bereichert hat.

114. Jedenfalls stiftete er der Basilika die Burg Capracorum, die er als väterliches Erbe erhalten hatte, und dazu ein vorzügliches Landgut, Bravi genannt. Er unterstellte der Basilika auch und verband ihr die Kirche der Heiligen Petronilla und des Heiligen Stephanus, die Stephan, König der Pannonier, die wir Ungarn nennen, hatte erbauen lassen. Daher ist diese Kirche später auch als die des älteren Stephan, die andere als Kirche des jüngern bezeichnet worden, um sie besser zu unterscheiden (wie wir passender jeweils am rechten Ort besprechen werden). Hadrian stiftete aber all dies mit sämtlichen zugehörigen Gütern, deren Einkünfte man als unermeßlich ansah. Für die Basilika gründete später noch Leo IV., ein <späterer> Nachfolger, Kirche und Hospital des Heiligen Peregrinus, die wir noch erwähnen werden, und unterstellte beide St. Peter mit allen Einkünften.

115. Das dritte Kloster aber war das des Heiligen Martin, dessen Gründer ebenfalls unbekannt ist (darüber unten gleich mehr). Von allen diesen Klöstern war das des Heiligen Stephan das größte und herausragendste, und über dieses sprechen wir jetzt. Außer den genannten Vorzügen besaß es nämlich als Eigenrecht einen Erzpriester, dem zugleich die gesamte Basilika unterstand, während die einzelnen Klöster eigene Rektoren (so hießen sie) hatten. Das Kloster besaß noch mehrere Gebäude, in denen zahlreiche Leute wohnten; diese Häuser waren auch so umfangreich und prächtig, dass sich die Wohnungen anderer Leute mit ihnen gar nicht vergleichen ließen. Wenn auch viele dieser Gebäude zerfallen sind, so stehen doch noch einige, und ich selbst wohne derzeit in einem von ihnen. Der Saal meines Hauses nämlich ist nichts anderes als das Refektorium, in dem jene Mönche damals zusammen speisten, was man an vielen Zeichen leicht erkennt.

116. Um aber zum Übrigen zu kommen: Rechts der Seitentür zur Basilika befanden sich neben dem Hochaltar zwei uralte Kapellchen ohne eigenen Namen, und diese waren schon ganz vernachlässigt, so dass man sie stets versperrte und nie jemand hineinging. Vor diesen steht der heute noch sichtbare Altar, der den Heiligen Petrus und Paulus geweiht ist; er steht neben dem Hochaltar des Heiligen Petrus, und diesem gegenüber ist ein weiterer Altar des Heiligen Bartholomaeus, sehr alt und einst hoch verehrt. Dann kommt, neben dem Triumphbogen, noch ein alter Altar des Heiligen Pastor. Neben den beiden älteren Kapellchen stand aber ein großes Oratorium des heiligen Kreuzes, das hoch verehrt war und das Frauen nicht betreten durften. Dieses hatte, wie in Buch I berichtet, Papst Symmachus mit ausnehmender Pracht erbaut und in seiner Apsis zehn Pfund <Holz vom> heiligen Kreuz verwahrt; das Holz wurde nach Abbruch des Oratoriums gefunden und wird von den Kanonikern mit höchster Ehrfurcht gehütet. An diese Kapelle schloß sich eine größere an, die mit vielen Altären ausgestattet und vom heiligen Papst Damasus für die heilige Quelle errichtet war. Ist diese Kapelle heute auch zerstört, so gibt es doch noch die unterirdischen Leitungen, durch die man das Wasser über viele Meilen herbeiführte und die mit großer Kunst und hohen Kosten erstellt waren.

117. Allerdings steht fest, dass zur Zeit des Papstes Liberius, als er abwesend war und sein Stellvertreter <Damasus> die kirchlichen Aufgaben erfüllte, dieser die Quelle erschloß; deshalb kam ja Liberius in die Stadt und taufte eine riesige Schar von Menschen. Für diese Erschließung des Wassers hat auch Damasus selbst höchst gewählte Verse verfaßt; sie sind in einer Marmortafel eingehauen, die heute noch an einer Seitenwand der Basilika hängt. Wir fügen sie im Wortlaut an:

„Wasser umspülten den Berg und benetzten in dünnem Gerinne
Leib, Gebeine und Asche von Vielen, die eben dort ruhten.
Damasus ließ es nicht zu, dass Menschen, geziemend bestattet,
Die dort lagen, von neuem so bittere Strafe erlitten.
So unternahm er es, ein gewaltiges Werk zu erschaffen,
Und trug ab den mächtig ragenden Gipfel des Hügels.
Sorgsam grub er im Eingeweide der Erde und legte
Trocken jenes Gebiet, das ganz vom Wasser durchfeuchtet.
So gewann er den Quell, den Quell des ewigen Heiles.“
Diese Inschrift besorgte der fromme Levit Mercurius.

Gleich daneben wurde an der anderen Seite der Basilika eine zweite Kapelle erbaut, die heute noch steht, nämlich die der Heiligen Lucia. Diese Stätte weihte, wie von den Vorfahren überliefert, der Heilige Papst Gregor, und dort wird obendrein ein kostbarer Arm Gregors aufbewahrt.

118. Doch wollen wir von hier scheiden und zur linken Seite des Eingangs in die Basilika gehen. Wir gelangen zuerst an einen Ort, zunächst dem Hauptaltar, dort, wo früher das dritte Kloster, das des Heiligen Martin, stand, das wir oben erwähnten, als wir vom Kloster des Heiligen Stephanus sprachen. Hier wohnte eine weitere, dritte Congregation der Diener der Basilika; ihren Gebetsraum, verbunden mit einigen kleinen Häusern, haben wir noch kurz vor der gegenwärtigen Zeit gesehen. Jetzt ist all dieses, wie wir nicht ohne tiefen Schmerz schreiben, und auch alles Vorerwähnte völlig zerstört.

119. Dieses Oratorium genoß bei allen höchste Verehrung, besonders das dort aufgestellte Erzbild des Heiligen Petrus, das später in eine andere Kapelle, die der Heiligen Processus und Martinianus, übertragen wurde. Es gab auch in der ganzen Basilika außer dem Hochaltar keinen Ort, zu dem ein größerer Zustrom von Andächtigen stattfand und wo man auch höhere Einnahmen aus Opferspenden erhielt. In diesem Kloster, so lesen wir auch, wurde Leo IV. seit früher Jugend aufgezogen. Wir werden über ihn weiter unten am rechten Ort ausführlich berichten; für jetzt mag der Hinweis genügen, dass er nach seinem Aufstieg zum Pontifikat sich stets an die früheren Zeiten und die Lebensweise in früher Jugend erinnerte, und so war er es immer seine Sorge, die Basilika zu fördern und auszuschmücken, und besonders auch das Kloster, in dem er aufgewachsen war und über das wir eben jetzt sprechen. Wie viel er daran wandte, erfahren wir aus der Abschrift eines Privilegiums, das wir weiter unten, wenn wir über Leo selbst sprechen, passend anführen werden.

120. Wir wollen indes nicht übergehen, dass er unter anderem, was in jener Abschrift überliefert ist, diesem Kloster die Kirche des Heiligen Erlösers in Torrio (?) zusprach, die er errichtete, um bei ihr alle Menschen aus nördlichen Ländern zu bestatten; diese Kirche erhielt auch viele und große Zuwendungen von Kirchenfürsten. Ebenso stiftete er <dem Kloster> die Kirche des Heiligen Seno gleich daneben und weiter die Kirche des Heiligen Michael, die am Berghang steht, beide mit allen allen Gütern und Rechten. Dazu noch drei Kapellen in der Basilika des Heiligen Petrus, gleich nebenan, nämlich die Kapellen des Heiligen Sixtus, des Heiligen Leo und des Heiligen Hadrian. Dies geht ebenso aus dem erwähnten Schriftstück <Leos IV.> hervor wie auch aus einem (weiter unten am rechten Ort zu erwähnenden) Privileg Leos IX., das ein älteres Leos IV. bestätigt. <Die Inschrift> ist an der Mauer der Basilika über jenem Tor befestigt, das einst als Zugang zur Kirche selbst offen stand, nun aber verschlossen ist, wobei man sich um die alten Marmorplatten nicht kümmerte, die jetzt noch sichtbar sind. Er machte diese Stiftung aber samt allen Gütern und Rechten, wobei er eigens zwei Herbergen nannte, die hinter den Kapellen und der Basilika standen. Nun ist zu berichten, was wir in letzter Zeit zu sehen bekamen.

121. Als jedenfalls die Fundamente, auf denen die riesige Last des neuen, noch unvollendeten Bauwerks liegen sollte, von Nicolaus V. ausgehoben wurden, fand man dort unterirdische, schön geschmückte Räume, die unter der großen Trümmermasse in der Erdtiefe verborgen lagen und gänzlich unbekannt waren. Der erste Raum ist die Kapelle des Heiligen Sixtus selbst, die zum Podest hin schaut, an dem das Evangelium gesungen wird; über diese Kapelle sagt Papst Paschalis, sie sei nach der Plünderung des Calixtus-Friedhofs erbaut, wo der Leib des heiligen Märtyrers Sixtus lag, und zwar vor dem Leib des Heiligen Petrus neben den eisernen Schranken. Über dem Grab sei auch ein Altar gebaut worden, geschmückt mit Steinen, und darüber erhebe sich ein Bogen mit wunderbaren Mosaiken; all dies ist, wie jener <Paschalis> sagt, heute noch zu sehen. Bestattet aber sind dort mit Sixtus zwei weitere Päpste, nämlich Fabianus und Sergius II.; dies beweist eine Grabschrift, die man am Altar selbst gefunden hat, die wir aber, weil sie allzu albern ist, weglassen. Die zweite Kapelle nun ist die des Heiligen Leo, und sie liegt jenem Ort näher, wo das Kloster des Heiligen Martin war, und zwar neben dem Hochaltar von St. Peter. Dort bestattete Paschalis II. die Leiber der Heiligen Leo II., III., IV. Dass <Leo> I. von Sergius hierher übertragen wurde, haben wir ja schon erwähnt.

122. Aber auch die dritte Kapelle, die des Heiligen Hadrian, lag dort gleich daneben. Sie ist heute völlig verschwunden, und nichts mehr ist davon sichtbar als eine auffallende quadratische Marmorplatte mit eingehauenen Versen, die bezeugen, dass <Hadrian> selbst auf Veranlassung Karls des Großen dort bestattet ist. Karl liebte und verehrte Hadrian so sehr, dass er bei dessen Tod viele Tränen vergoß, während er keinen seiner eigenen Söhne bei deren Tod je beweinte (ein großer, von ihm überlieferter Zug). Die Marmortafel ist aus Numidischem schwarzem Stein, der als selten gilt. Solche Steine soll, wie Plinius berichtet, Lucullus nach Rom eingeführt und hochgeschätzt haben. Der Stein wurde auch nach ihm Lucullus-Stein genannt. Eine Statue aus solchem Marmor soll in Rom auch den Pescennius Niger dargestellt haben, einen höchst tapferen römischen Feldherrn und Rivalen des Kaisers Severus. Er wurde von Severus besiegt und schließlich hingerichtet. Die schwarze Farbe des Marmors sollte auch zu seinem Namen <Niger> passen, worauf das beigefügte Epigramm hinwies. Doch gab es noch einen anderen Marmor, den Plinius ebenfalls nennt, von schwarzer Farbe und aussehend wie Alabaster; nach seiner Herkunft heißt er Alabandisch. Aus diesem Stein sahen wir vor wenigen Jahren auch eine höchst wertvolle Schnecke, die aus diesem edlen Stoff mit hoher Kunst gefertigt und an der Mündung der Röhre angebracht war, die das Wasser in die Taufkapelle leitete. Oben ist ausführlich bemerkt, dass Papst Damasus ihr Stifter war; heute aber ist sie völlig zerstört.

123. Es ist aber nun am besten, die Verse selbst zu hören, die Karl der Große, in Marmor gehauen, dem Papst Hadrian gewidmet hat; wir haben sie auch eher wegen der Majestät von Papst und Kaiser als wegen der Erhabenheit des Gedichtes hier eingefügt:

„Hier hat ein Vater der Kirche, Roms Zierde, ruhmreicher Gründer,
Hadrian, heiliger Papst, Ruhe gefunden im Grab.
Gott war sein Leben, Frommsein Gesetz, sein Ruhm war Christus,
Er war Hirte der Welt, stets zu Gutem bereit.
Adlig war er, geboren als Sproß hochadliger Sippe;
Adliger war er mehr durch sein eignes Verdienst;
Wollte er doch als Hirte in fromm-ergebner Gesinnung
Allerorts seinem Gott heilige Tempel erbaun.
Er beschenkte die Kirchen mit Gaben, die Völker mit Lehre,
Bahnte auch allen den Weg hoch zu den Sternen empor.
Armen war er ein Spender, barmherziger noch als alle,
Wachte in frommem Gebet für sein christliches Volk.
Burgen errichtete er mit Kunst, mit Schätzen und Mauern,
Dir zu Ehren, o Rom, ruhmvolle Hauptstadt der Welt.
Ihm schadet nicht der Tod, den Christi Tod ja vernichtet,
Nein! Er war ihm ein Tor, führend zu besserem Sein.
Nach seinem <Tod> schrieb ich für ihn dies Gedicht unter Tränen;
Du, den ich innig geliebt, dich beklage ich hier.
Sei meiner eingedenk, mein Geist wird immer dir folgen.
Herrsche mit Christus nun glücklich im himmlischen Reich!
Klerus und Volk, sie liebten dich aus innerstem Herzen,
Bester Herrscher, du warst bei allen Menschen beliebt.
Unser beider Namen verbindet hier, Liebster, die Inschrift,
Nennt König Karl, nennt auch Hadrians Namen mit ihm.
Jeder, der diese Verse mit frommem Sinn liest und Demut,
Sage: Erbarme dich beider, barmherziger Gott!
Deine Glieder umhülle dir nun willkommene Ruhe,
Freue, gütiges Herz, freu mit den Heiligen dich!
Dann, wenn die Tuba des letzten Tages erklingt deinem Ohre,
Stehe mit Petrus auf, Gott mit Augen zu sehn!
Du wirst gewiß ein gnädiges Urteil des Richters vernehmen.
Gehe du nun ein in die Freude des Herrn!
Dann wirst du, bester Vater, so bitt ich, des Sohnes gedenken,
Sprich mit Gottvater dann: Auch mein Sohn trete ein!
Strebe, glücklicher Vater, zum himmlischen Reiche Christi!
Stehe von dort mit Gebet deiner Herde nun bei!
Und so lang die Sonne rot strahlt vom feurigen Wagen,
Daure, Vater, dein Ruhm, immer in aller Welt!“

124. Papst Hadrian seligen Angedenkens regierte 23 Jahre, zehn Monate, 17 Tage, und er verstarb am 7. Tag vor dem 1. Januar. Dieser Papst aber war höchst freigebig und wohltätig gegenüber der Basilika des Heiligen Petrus, der er die Burg Capracorum stiftete (um nicht alle die vielen weiteren Gaben, die er ihr schenkte, aufzuzählen). Nicht auch zu reden vom Kloster des Heiligen Stephan, das er neben der Basilika baute und das heute zum großen Teil zerfallen ist. Die dort wohnenden Mönche sangen dem Heiligen Petrus täglich psalmierend die ihm gebührenden Loblieder gemeinsam mit den Mönchen drei weiterer Klöster, die Gregor III. errichtet hatte. Wir reden auch nicht lang von vielen anderen Kirchen, die er zur gleichen Zeit in der Stadt Rom und außerhalb wiederherstellte, auch nicht von den Mauern der Stadt selbst, die er, da sie bis auf die Fundamente eingestürzt waren, wieder aufrichtete. Auch ist nun gerade am Altar des Heiligen Hadrian ein neuer, herrlich geschmückter Platz geschaffen, wo der Stuhl seinen Platz hat, auf dem der Heilige Petrus bei feierlichen Zeremonien zu sitzen pflegte.

125. Auf der anderen Seite aber lag neben dem Grab Hadrians das Grab Urbans II., ein schönes, geschmackvolles Werk, von dem man heute keine Spur mehr sieht. Gleich darauf folgte die Kapelle der Heiligen Maria, die heute noch steht und die zu betreten die Frauen einst für Sünde hielten. Diese Kapelle erbaute Papst Paul I. und schmückte sie mit besonders schönen Bildern in bester musivischer Arbeit. Der Ort selbst wurde noch bis in unsere Zeit St. Maria in der Kapelle genannt, und dort ist auch Papst Paul bestattet, wenn auch nicht hier verstorben. Er verschied nämlich bei der Basilika des Heiligen Paulus, wohin er wegen der Sommerhitze ausgewichen war, und lag dort auch etwa drei Monate lang. Doch versammelten sich die römischen Bürger und viele andere von auswärts, um ihm eine würdigere Ruhestätte bei den übrigen Vätern, seinen Vorgängern, zu bereiten. Sie legten seinen Leib in ein kleines Schiff, brachten ihn durch das Flußbett des Tibers unter hohen Ehrungen und feierlichem Gotteslob zur Basilika St. Peter und bestatteten ihn in der Kapelle, die er selbst erbaut hatte und von der wir eben sprachen. Man überliefert, er sei ein höchst frommer Mann gewesen, der neben anderen barmherzigen Werken besonders den Witwen und Waisen half, so gut er nur konnte. Auch nachts besuchte er mit kleiner Begleitung die Zellen der Kranken und Angeketteten und aller Armen, von denen er hörte, und gab ihnen die Mittel zu Nahrung und Genesung.

126. Vor dem genannten Oratorium der Heiligen Maria lag das Grab des Papstes Johannes mit einer ziemlich albernen Inschrift, die ich gelesen habe, von der man jetzt aber nichts mehr sieht. Auf der anderen Seite jedoch, jenseits der ehernen Tür, die zum Altar der Heiligen Petronilla führt, ist eine ausnehmend schöne Kapelle, die Papst Paschalis zu Ehren der Heiligen Processus und Martinianus in hervorragender mosaizistischer Arbeit aufführte. Er hatte deren Leiber aus dem Friedhof von S. Agatha unter großer Andacht und Jubel von Volk und Klerus hierher übertragen lassen. Dort barg er sie in einer glänzenden Porphyr-Muschel und wurde auch selbst später dort bestattet. Diese Kapelle genoß stets hohe Verehrung, besonders bei Frauen, die früher dort nicht einmal einzutreten wagten. Diese Verehrung steigerten noch zahlreiche Leiber von Päpsten, die ebendort beigesetzt sind.

127. Da wir aber den Altar der Heiligen Petronilla erwähnten, muss man wissen, dass dort, wo er steht, einst ein alter Tempel war, ein edles, aufwendiges und wunderbar geschmücktes Werk, wie heute noch die Reste beweisen; der Tempel war dem Apollo geweiht. Über die Zeit seiner Errichtung konnte ich aber nie etwas Sicheres erfahren. Die allgemein verbreitete Ansicht nämlich, er sei ein Werk Neros, ist ohne Zweifel falsch. Es ist ja ganz unwahrscheinlich, dass jener Tempel dort stand, wo Nero seine Circusspiele wie ein Wahnwitziger aufführte; der Tempel wäre ja eher ein Hindernis für seine Spektakel und Ausschweifungen gewesen. Daher ist es auch unglaubhaft, dass ein angrenzender Ort Nero als Garderobe gedient hätte, wo <nun> der Altar des Heiligen Andreas steht, den Papst Symmachus erbaute; dieser Ort wurde auch stets allgemein verehrt, und dort wurden, wie wir oben sagten, die Päpste stets geweiht. Weil übrigens der ganze Platz, der sich bis zum Altar des Heiligen Michael erstreckt und jedenfalls alt ist, die Vorhalle zum Tempel des Apollo bildete (dieser wurde später nach S. Petronilla benannt), scheint es glaubhafter, dass er nach der Vorhalle (vestibulum), nicht jedoch nach der Garderobe (vestiarium) genannt wurde. Man darf aber auch nicht übergehen, dass (wie Zeugnisse und zudem Autoren aussagen) im Altar der Heiligen Petronilla ihr Leib ruht, und zwar in einem kostbaren Sarkophag; er wurde von jenem Papst Paul, den wir kurz zuvor erwähnten, hierher übertragen und bestattet, und zwar mit folgendem Namen, den ihr der Heilige Petrus gegeben hatte, <in der Grabschrift>: „Für Aurea Petronilla, die innigst geliebte Tochter.“

128. Auch soll im Altar des Heiligen Andreas ein Arm dieses Apostels aufbewahrt liegen, ebenso ein Arm des Evangelisten Lucas, die beide aus Constantinopel herbeigebracht und sodann vom Heiligen Gregor hierher übertragen wurden. Der eine der beiden Arme, nämlich der von Andreas, ist in schön gearbeitetem Silber eingeschlossen und wird von den Kanonikern verehrt und gehütet. Ähnlich steht es auch mit dem Haupt des Heiligen Lucas, das dem Arm, von dem wir sprachen, beigefügt war. Dem erwähnten Altar schließt sich auf der linken Seite des Eingangs ein weiterer an, der dem Namen der heiligen Muttergottes Maria gewidmet ist und „Fieberaltar“ heißt, weil er etwas Besonderes ist und vom Volk vielfach mit höchster Andacht verehrt und aufgesucht wird. Täglich werden nämlich zahllose Leute, die Maria ein Gelübde ablegen und sich ihr innig anempfehlen, vom Fieber geheilt.

129. Nun wollen wir die Basilika selbst betreten und den uns zuerst neben all dem Genannten begegnenden Altar des Heiligen Märtyrers Mauritius erwähnen. Dieser Altar besitzt ausnehmende Würde, weil der Kaiser, bevor er am Altar des Heiligen Petrus vom römischen Pontifex die Reichskrone und das Schwert zum Schutz der Kirche empfängt, dort zuerst von den Bischöfen und Kardinälen gesegnet und gesalbt wird. Gleich daneben steht der Altar des Heiligen Papstes Silvester, und dort ist einer seiner Arme aufbewahrt, wie die ältere Überlieferung weiß. Ebenso ruht da der Leib des Papstes Vigilius, wie eine Inschrift besagt, die man an der Mauer fand. Daneben ist auch das Grabmal des Papstes Hadrian IV., das noch zu sehen ist, auf einem Sockel mit einer edlen Muschel aus Marmor.

130. Dann kommt das Oratorium der Heiligen Maria, das dem Chor der Kanoniker gegenüberliegt. In dessen Altar hat Papst Gregor III. die Reliquien vieler heiliger Märtyrer und Bekenner, auch sogar von Aposteln geborgen; diese Reliquien hatte er an verschiedenen Orten der Welt hier und dort gesammelt. Von unseren Vorgängern ist überliefert, dass hier auch der Leib des Heiligen Presbyters Gabinus ruht, dessen Altar dort lange Zeit stand; zu diesem sandten Sardinien und Corsica jährlich Abgaben. Daneben stand auch ein Altar der Heiligen Maria, den der genannte Papst Gregor III. selbst erbaut und geweiht hatte. Unter diesen Altären fand man auch drei Sarkophage, die mit Eisen und Blei fest verbunden waren. Beide Altäre waren mit Gittern wohl befestigt und umgeben. Auf Gregors Befehl war auch an der Wand der Kapelle auf einem Bild die Heilige Maria dargestellt, wie sie ihren Sohn umarmt, und zudem war darüber ein Platz geschaffen, wo Gregor den rechten Arm des ersten Märtyrers, des Heiligen Stephanus, niederlegen ließ; dazu fand sich der gesamte römische Klerus ein und sang Psalmen. Diese Reliquie schenkte, wie es im Bericht zur Übertragung von Constantinopel nach Rom steht, Papst Pelagius der Basilika Sankt Peter. Heute noch bewahren die Kanoniker sie bei sich auf und hüten sie mit großer Verehrung.

131. Zuerst also standen dort jene beiden Altäre; als diese schließlich zur Zeit Papst Eugens des Dritten niedergelegt waren, wurde hier als einziger der Altar, den wir heute sehen und der ebenfalls der Heiligen Maria geweiht ist, errichtet. Heute werden dort täglich von der ganzen Priesterschaft der Kirche feierliche Messen gelesen. Es liegen aber die Leiber dieser beiden Päpste (Eugen und Gregor) gemeinsam bestattet am Eingang zur Kapelle rechts der Türe. Auch findet sich noch die Grabinschrift für Papst Eugen III. auf einer Marmortafel. Zugrunde ging dagegen die Inschrift für Gregor III., die etwa lautete: Hier liegt bestattet Papst Gregor der Dritte. Ebenso <verschwand> ein für ihn errichteter Bogen mit edler Mosaikarbeit. An dieser Stelle liegt auch Hadrian III. bestattet, doch auch, wie einige melden, Petrus Diaconus, den der Heilige Gregor in seinem Dialog als Gesprächspartner einführt.

132. Nahe bei diesem Ort wurde noch in unserer Zeit Eugen IV. bestattet, dessen Andenken als meines gnädigen Herrn ich stets im Herzen trage, es aber auch gern verkünde. Sein herrliches Grabmal steht hier, das mit hohem Kunstverstand errichtet und ausgeführt wurde, nicht jedoch, weil jener dies angeordnet oder gewünscht hätte. Ich weiß nämlich noch, dass bei seinem Aufenthalt in Florenz das Gespräch sich zufällig um den Aufwand bei solchen Grabstätten drehte und ich von ihm hörte, er wolle, wenn er in Rom hinscheide, nirgendwo anders als neben Eugen dem Dritten bestattet und nur mit gleichem Grabmal und gleicher Inschrift geehrt werden. Er war ja ein Herr von hoher Bescheidenheit und Mäßigung, der auf solche weltlichen eitlen und vergänglichen Dinge stets mit gefaßtem und hohem Sinn herabsah. Neben ihm ist auf der anderen Seite sein Nachfolger Nicolaus V. bestattet, auch er mir stets unvergeßlich, ein mir sehr gewogener Herr, der in allen schönen Wissenschaften höchst gebildet war und einen ausgezeichneten Geist besaß; deshalb wußte er, ganz wie sein Vorgänger, um die Eitelkeit solcher Gräber und Bestattungen, und weil er um sie wußte, wollte er nichts davon wissen.

133. Auch für diese beiden habe ich Grabschriften verfaßt, die hier folgen:

„Hier liegt Eugen der Vierte, von dessen edler Gesinnung
Zeugt manch glänzende Tat, die er im Leben vollbracht.
Zu ihm kamen verehrend und neigten vor ihm sich beide,
So des Ostreichs Herr wie auch des Westens Haupt.
Einer begehrte die Krone, der andre Bündnis im Glauben,
Groß wollte dieser durch Macht, jener durch Glauben sein.
Unter Eugen folgten Armenier griechischem Beispiel,
Und Äthiopien schloß römischem Glauben sich an.
Araber folgten und Syrer, am Ende der Welt auch die Inder.
Groß war dieser Erfolg, schien ihm aber gering.
Denn mit starker Flotte bekriegt er von neuem die Türken,
Mitten im Ansturm jedoch traf ihn der letzte Tag.
Er, der hohles Gepränge bei Gräbern immer verachtet,
Bat: Bestattet mich hier in bescheidenem Grab!“

Eine weitere Grabschrift lautet:

134. „Während er die Kirche versöhnen wollte in Frieden,
Was zum Teil ihm gelang, doch zum anderen nicht,
Starb Papst Eugen der Vierte. Sein Leib blieb zurück auf Erden.
Leider beendet sein Tod wohl begonnenes Werk.
Hätten ihn doch die harten Schwestern bewahrt noch zu Großem
Und des Lebens Gespinst erst viel später zertrennt!
Dann erst, wenn er den Ländern den innig geliebten Frieden
Stiftete, durfte er endlich zum Himmel empor.
Doch Gott wollte schon jetzt die Sitze der Seligen zieren
Und den Seinen dort gerne gefällig sein.“

Grabschrift für Nikolaus V.

135. „Nicolaus des Fünften Gebeine sind hier bestattet,
Frei jedoch wohnt sein Geist hoch bei den Sternen nun.
König Numa tat er es gleich, zog Frieden dem Krieg vor,
Stellte frommen Gesang über Trompetenschall.
Eifrig sorgte er für Gottesdienste und Riten,
Machte Stiftungen auch, heiligen Glaubens voll.
Wie Augustus förderte er, selbst gelehrt, die Gelehrten,
Keine Mühe zu groß war ihm für jener Wohl.
Auch erneuerte er die Mauern der alten Roma,
Riesige Werke dazu hat er erneut und gebaut.
Weiter richtete er das frohe heilige Jahr ein,
Und des Kaisers Haupt krönt er mit goldenem Reif.
Er, der als Hirte den schadhaften Zaun der Kirche erneute,
Irrende Schafe zurück führt er zum schützenden Pferch.“

136. Nun könnte man noch weitere Päpste anführen, deren Leiber zumeist an dieser Seite der Basilika bestattet sind, nämlich Lucius II., Coelestin III., deren gemeinsames Begräbnis Inschriften anzeigen, die im Boden eingehauen sind. Dadurch wird auch der Irrtum jener klar wiederlegt, die behaupten, Lucius der Zweite sei im Lateran bestattet. Außer den Genannten folgen: Anaclet, Euaristus, Telesphorus, Iginius, Pius, Eleutherius, Victor, Symmachus, Hormisda, Deusdedit, Honorius, Severinus, Eugenius, Vitellianus, Deodatus, Donus, Conon, Sisinnius, Constantinus, Zacharias, Valentinus, Nicolaus, Formosus, Lando und andere. Die lange Auflistung jener, die nicht nur hier, sondern in der ganzen Basilika und auch auf dem Vorplatz bestattet sind, übergehen wir mit Absicht; wir halten eine genaue Beschreibung für überflüssige, unnötige Mühe, genügt es doch zu sagen, dass (wie im vorhergehenden Buch erwähnt) alle römischen Päpste mit ganz wenigen Ausnahmen entweder hier bestattet sind oder, wenn sie andernorts starben, hierher überführt wurden.

137. Auch jene wollen wir übergehen, die aus Katakomben und anderen Orten Roms hierher übertragen wurden. Wichtiger scheint uns, dass Johannes und Agapitus, wie wir lasen, hier liegen, von denen der Heilige Gregor im dritten Buch seiner Dialoge große Dinge berichtet. Obschon der eine in Constantinopel, der andere in Ravenna starb, wurden doch beide in die Basilika überführt. Es steht nämlich nach alten überlieferten Quellen fest, dass alle Päpste dort bestattet sind, und dies zeigte sich in voller Deutlichkeit, wenn man hin und wieder die Fundamente aufgrub, entweder um ein neues Grab für einen Papst zu schaffen oder um den Estrich zu erneuern, der häufig aufbricht. Immer wieder nämlich fand man dabei Marmorgrüfte, die in der ganzen Basilika hier und dort unter dem Boden verteilt sind, aus glänzenden und schön polierten Tafeln erbaut.

138. So viel bedeutete aber die Bestattung der Päpste in dieser Kirche, und so hoch galt sie bei allen, und zwar nicht so sehr durch menschliches als durch göttliches Urteil, daß, wie manche berichten, folgendes geschah: Als Papst Marcellinus unter Kaiser Diocletian, unseren Herrn (sozusagen als) neuer Petrus, aus Furcht vor dem Tod verleugnet hatte, bereute er später, nachdem deshalb sogar eine Bischofsversammlung stattgefunden hatte, seine Schuld, drängte sich selbst zum Martyrium und verlangte obendrein unter Androhung der Verfluchung, sein Leib solle von niemand bestattet werden. Als nun sein Körper dreißig Tage unbeerdigt gelegen hatte, da jedermann den Fluch scheute, erschien der Heilige Petrus dem Nachfolger Marcellus und fragte ihn: „Weshalb schläfst du, Marcellus? Oder warum lässt du mich unbestattet liegen?“ Und als jener ganz betäubt war über diese Worte, fuhr Petrus fort: „Hast du nicht gelesen, dass jene, die sich erniedrigen, erhöht werden sollen? Und: Scheint dir nicht die Demut des Marcellinus groß, der sich sogar als der Ehre der Bestattung unwürdig betrachtete und lieber, zerrissen durch die Zähne von Tieren, daliegen wollte? Erhebe dich rasch und bestatte seinen Leib neben dem meinen, damit wir beide, die wir von Gott gleiche Vergebung erhielten, auch am gleichen Ort begraben liegen.“

139. Hier ist noch etwas anzufügen, was über Gregor VI. berichtet wird, eine wahrhaft bedeutende, wundersame Überlieferung. Als er nämlich einmal schwer krank lag, so dass es keine Hoffnung mehr für sein Überleben gab, besprachen sich die Kardinäle schon, er solle nicht mit den übrigen Päpsten in der Basilika des Heiligen Petrus bestattet werden, weil er viele Menschen umbringen ließ und dadurch wohl sein heiliges Priesteramt geschändet habe. Er hatte dies aber wirklich nur getan, um die Freiheit der Kirche zu verteidigen, denn üble Verbrecher bedrohten diese allenthalben aus Gier nach Beute und Umsturz, weil es niemanden gab, der sie bestrafte. Sie wüteten gegen Pilger, die zur Schwelle der Apostel kamen, und raubten sogar Spenden für Sankt Peter und andere Gaben. Auch trachteten sie jedermann nach dem Leben und übten gegen alle Menschen schlimme Gewalt. Als aber keine Abschreckung durch geistliche Warnungen und Exkommunikation sie in Schranken hielt, rottete Gregor sie schließlich mit rächendem Schwert aus.

140. Als man ihm nun von der Beratung der Kardinäle berichtete, er aber sich keiner Schuld bewußt war, ließ er jene zu sich rufen und sprach lange von der Not jener schweren Zeiten und der Bedrohung durch schurkische Menschen wie auch von seinem gerechten und hehren Vorsatz, den er schließlich zum Nutzen der Kirche gefaßt habe. Endlich fügte er in bewundernswertem Selbstvertrauen und in der Hoffnung auf Gott folgendes hinzu: „Legt, wenn ich gestorben bin, meinen Leib vor die Tore der Basilika von Sankt Peter und verschließt die Tore fest mit Balken! Wenn sie sich nicht allein durch göttliche Macht öffnen, dann werft mich weit von dort weg.“ Als man seinen Willen so, wie er gebeten hatte, erfüllte, entstand plötzlich ein ungeheurer Windstoß mit einem Wirbel, durch den die Tore gewaltsam gelockert und aufgerissen wurden; die Kardinäle entsetzten sich, gerieten durch dieses gewaltige Zeichen in Furcht und ordneten an, dass jener, wie es sich ziemte, bei den übrigen Vätern zu bestatten sei.

141. Wir wollen jedoch fortfahren, die wenigen noch übrigen Altäre vorzustellen. Der erste von diesen ist der des Heiligen Martialis neben dem Chor der Kanoniker, zweifellos alt und stets hochverehrt. Sodann wenden wir uns zur Seite, wo die Beichtväter sitzen, gehen gerade aus und gelangen zu einem Oratorium, das Papst Gregor IV. zu Ehren des Hl. Gregor I. errichtete, eines hervorragenden Lehrers der Kirche. Er ließ dessen Körper dorthin überführen, nicht weit entfernt <vom ersten Grab> und gemeinsam mit den Leibern der Heiligen Märtyrer Sebastianus und Tiburtius, Söhnen des Praefecten Chromatius. Deren Leiber überführte er aus den Friedhöfen, in denen sie zuvor lagen. Beiden ließ er jeweils einen eigenen Altar in der gleichen Kapelle errichten. Daneben ist Papst Pelagius bestattet, dabei auch Bonifatius III. und Gregor der Fünfte mit einem Epitaph, das noch in Marmor gehauen zu sehen ist, freilich in Versen, die wenig Würde ausstrahlen.

142. Nach dieser Kapelle folgt die sogenannte Sakristei des Heiligen Petrus; vor dieser ist Johannes III. bestattet, im Inneren aber Benedikt. Außerhalb jedoch liegen auf dem Vorplatz Bonifatius, Theodorus, Zacharias, Johannes II., Gregor II., Stephanus II. und ein weiterer Stephanus, nämlich der Fünfte, dazu noch ein sechster, wie auch Benedikt IV. Ganz nahe bei dieser Kapelle ist aber der Altar der Heiligen Simon und Judas, zu dem der Zugang durch das Ravenna-Tor führt. Dieser Altar liegt gegenüber einem weiteren, dem der Heiligen Philippus und Jacobus, zu dem man durch eine andere Tür gelangt, nämlich durch die Römische. Da wir nun aber zwei Tore der Basilika erwähnt haben, nämlich das Ravennianische und das Römische, ist es wohl angebracht, nun von allen Toren zu sprechen, die die Eingänge <zur Basilika> bilden, um zu verstehen, welche es sind, welche bereits genannt wurden und welche noch weiter anzuführen sind.

143. Also muss man wissen, dass es insgesamt fünf Tore sind, die man Volkstore nennt, die aber auch jeweils eigene Namen haben. Zuerst nun erhielt das mittlere von ihnen, das höhere Würde besitzt, den Namen Silbertor (Porta Argentea), neben dem auf dem Vorplatz Papst Benedikt III. ruht; vor dieser Tür, sagt die Überlieferung, liegt auch unter einem runden Porphyrstein der Leib des verehrungswürdigen Beda, und aus Ehrfurcht vor diesem gingen die Vorfahren nicht durch dieses Tor hinein. Silbertor nannte man es aber erst unter Papst Honorius, denn dieser ließ alle Türen herrlich mit Silber schmücken, die mittlere Türe jedoch noch prächtiger gänzlich mit verschiedenen silbernen Bildern auszieren. Er wurde dazu angetrieben durch das, was vom Tempel Salomons überliefert ist, nämlich dass dessen Tore überall mit Silber bedeckt waren, später aber von Kaiser Titus im Krieg gegen die Juden verbrannt wurden. Hegesippus schreibt: Dieser Schmuck habe bis zur Zeit Alexanders III. bestanden. Indes wurde er von den Sarazenen als Beute fortgeführt und dann wieder von Leo IV. noch schöner und reicher wiederhergestellt, wie wir weiter unten am rechten Ort ausführen werden. Später aber kam das Silber von Tag zu Tag mehr abhanden, so dass der Name Silbertor nicht mehr zutraf. Eugen IV., ein Papst, der in jeder Tugend hervorragte, hat es, wie oben in Buch 2 berichtet, aus Erz wiederhergestellt.

144. Nun wollen wir zu den wenigen weiteren Altären kommen, die noch übrig sind. Nach dem Altar von Philippus und Jacobus steht neben der in neuerer Zeit verschlossenen Türe zur Kirche des Heiligen Vinzenz ein weiterer Altar. Dieser gehört dem Heiligen Abundius, der ein Kirchenpfleger unserer Basilika war; dass ihn der Heilige Gregor in seinem Dialog als Sprecher auftreten lässt, haben wir früher ausfürlich erwähnt. Neben diesem Altar ist noch auf der rechten Seite des Eingangs eine herrliche Kapelle mit Mosaikschmuck, die der Heiligen Jungfrau geweiht ist, mit einem Altar, auf dem man immer die erste Weihnachtsmesse feiert. Urheber dieses Brauches war Papst Johannes VII., ein Mann von mächtiger Sprachkraft. Er ist auch dort bei diesem Altar begraben. In der Mitte der genannten Kapelle steht ein weiterer Altar, auf dem eine herrliche, höchst fein gearbeitete Deckplatte liegt. Dort wird mit höchster Verehrung aufbewahrt und zu bestimmten Zeiten auch dem Volk vorgewiesen das hochheilige Schweißtuch Christi, über das ich hier nichts weiter sagen muss, da es ja in einem früheren Kapitel ausführlich besprochen ist.

145. Geradewegs aber, wenn man in Richtung zum Hochaltar weitergeht, kommt die Kapelle des Heiligen Ambrosius, des großen Kirchenlehrers, doch hat diese jetzt Namen und Verehrung gänzlich verloren. Zwischen dem Altar aber der Seligen Jungfrau, über den wir eben sprachen, und dem Guidonischen Tor befand sich die Kapelle des Heiligen Märtyrers Antonius, deren Name im Lauf der Zeit außer Gebrauch kam. Heute wird sie unter dem Namen der Heiligen Brigitta verehrt. Es ist aber noch ein weiterer Altar zwischen der Porta Guidonea und der Porta Romana erhalten; es war der Altar des Heiligen Märtyrers Tridentius, heute freilich ebenfalls namenlos geworden, hauptsächlich durch die Gleichgültigkeit der Späteren.

146. Bis hierher haben wir die alten Kirchen und Kapellen der Basilika des Heiligen Petrus und zudem die Altäre beschrieben. Denn was man heute noch anderes außer dem von uns Erwähnten sieht, ist alles gewiß neu geschaffen und jüngeren Datums. Nun aber wollen wir in die Basilika St. Peter selbst zurückgehen, den Fürsten der Apostel verehrend begrüßen und jenen <Gott> anbeten, der diesen Ort in seiner heiligen Güte und Milde nach so vielen Triumphen von Kaisern allein dem Heiligen Petrus und seinen Nachfolgern bestimmt und bis heute bewahrt hat, ihn auch auf ewige Zeiten bewahren wird, und dem Lob, Ehre und Ruhm in allen Jahrhunderten erwiesen werden soll. Amen.